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Widerstand gegen neue Speicher

23.10.2023 / Helena Lackenberger, CIPRA International
Wie viel Wasserkraft ist ökologisch tragbar? Darüber diskutierten Vertreter:innen von Umweltschutzorganisationen und Energieversorgern Anfang September 2023 in Feldkirch/A.
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Anfang September 2023 diskutierten (v.l. n.r.) Liliana Dagostin (ÖAV), Hans-Jörg Mathis (Stadtwerke Feldkich), Kaspar Schuler (CIPRA International), Maximilian Frey (WWF) und Andreas Neuhauser (Illwerke vkw) über die Wasserkraft in Zeiten der Klima- und Energiekrise. (c) CIPRA International

Österreich nutzt bereits 70 Prozent des technisch-wirtschaftlichen Wasserkraftpotenzials zur Energiegewinnung. Mit 95 Prozent Ausschöpfungsgrad übertrifft das nur noch die Schweiz. Aus Sicht vieler Umweltschutzorganisationen ist damit ein naturverträgliches Ausmass längst überschritten. Dennoch befinden sich mit Stand 2020 europaweit rund 300 Wasserkraftwerke in Bau, weitere 8’500 in Planung. Vor allem Pumpspeicherkraftwerke haben in Zeiten der Energiewende Hochkonjunktur.

Auch das hochalpine Platzertal in Tirol/A soll zu einem Speichersee für einen Pumpspeicher aufgestaut werden, was für Widerstand sorgt. Das zeigt auch die Kurzdoku «Bis zum letzten Tropfen», deren Vorführung CIPRA International Anfang September 2023 im GUK Kino in Feldkirch/A organisierte. Bei der anschliessenden Podiumsdiskussion kritisierte Liliana Dagostin vom Österreichischen Alpenverein (ÖAV) das Megaprojekt in erster Linie wegen der Ausleitung der Fliessgewässer aus dem Ötztal, das ohnehin ein inneralpines Trockental sei. Im Platzertal befindet sich ausserdem das grösste Moor- und Feuchtgebiet der österreichischen Hochalpen. Ein seltener Landschaftstyp, den es unter anderem wegen seiner Artenvielfalt zu schützen gilt, so Maximilian Frey vom WWF Österreich. Intakte Moore speichern zudem CO2 aus der Luft.

«Wir haben alle dasselbe Interesse: weg von fossiler Energie», stellt Podiumsgast Andreas Neuhauser vom lokalen Energieversorger Illwerke vkw fest. Hans-Jörg Mathis von den Feldkircher Stadtwerken weist darauf hin, dass der Energiebedarf mit der Energiewende steigen werde: «Das elektrische Netz ist kein Speicher.» Durch fluktuierende Energiequellen, wie Sonnen- und Windenergie, entstünden Schwankungen, die ausgeglichen werden müssen, so Mathis.

Sind neue Pumpspeicherkraftwerke also alternativlos? Im Fall Kaunertal nicht. Der Tiroler Energieversorger TIWAG argumentiert für den Ausbau, wenn Österreich und Tirol bis 2050 energieautonom werden sollen. Die jüngste Studie zur energiewirtschaftlichen Einordnung kommt jedoch zu dem Schluss, dass Österreich und Tirol auch ohne das Kaunertal-Pumpspeicherkraftwerk bereits über genügend Kapazitäten verfügen. «Wir müssen uns bewusst werden, dass die Energieproduktion in einem internationalen Markt stattfindet», erklärt Kaspar Schuler von CIPRA International am Podium. Es sei nicht zielführend, aber öffentlichkeitswirksam, wenn Landes- bzw. Kantonsregierungen bei der Energieversorgung von der Landesversorgung sprächen, so Schuler. Das Grundproblem in der Wasserkraftdebatte sieht er darin, dass wir zum einen keine natürlichen Fliessgewässer mehr kennen würden. Zum anderen stünden wir vor dem absoluten Gletscherschwund. «In Zukunft geht es vor allem um die Frage, wie wir das Wasser verteilen», stellt Schuler fest.

Ausschnitte der Podiumsdiskussion zum Nachhören im Podcast:

 

Weiterführende Informationen:

https://wwfeu.awsassets.panda.org/downloads/wwf_hydropower_summary_doc_2019_w.pdf  (de), https://stubaiwasser.at/filmtour-bis-zum-letzten-tropfen/ (de), https://tirol.orf.at/stories/3228239/ (de), www.ardmediathek.de/video/dokthema/klimaschutz-kontra-naturschutz-streit-um-mega-kraftwerk-in-den-alpen/br-fernsehen (de)