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Medienmitteilung

Stopp für zerstörerisches Wasserkraftprojekt in Österreich gefordert

31.08.2022
Ein Staudamm in einem entlegenen Hochtal und zwei zerstörte Bergflüsse: Die ökologischen Schäden durch den geplanten Ausbau des Kraftwerks Kaunertal wären zu hoch, wie die Umweltschutzorganisation WWF Österreich und die Alpenschutzkommission CIPRA International bei einer gemeinsamen Medienkonferenz in Innsbruck/A am 31. August 2022 feststellten.
Bild Legende:
Im entlegenen Platzertal/A ist ein Staudamm geplant. (c) Sebastian Frölich, WWF Österreich

Der geplante Ausbau des Kraftwerks Kaunertal verstösst gegen mehrere Kriterien der Alpenschutzkommission CIPRA International für nachhaltige Wasserkraftnutzung. Die Naturschutzorganisation WWF Österreich fordert daher den sofortigen Stopp des Megavorhabens, das mehrere Tiroler Naturjuwele für immer zerstören würde. «Dieses völlig überdimensionierte Projekt steht wie kein anderes für die einseitige und überholte Energiepolitik des Landes Tirol und der Tiroler Wasserkraft AG. Die von CIPRA International festgestellten, substantiellen Versäumnisse zeigen, dass der Ausbau nicht naturverträglich realisierbar ist», kritisiert Hanna Simons, Leiterin der Natur- und Umweltschutzabteilung des WWF. «Wir sind nicht grundsätzlich gegen Wasserkraft in den Alpen und beurteilen normalerweise keine Einzelprojekte», erklärt Kaspar Schuler, Geschäftsführer von CIPRA International. «Der geplante Kraftwerksausbau verstösst aber so eindeutig gegen unsere Kriterien für nachhaltige Wasserkraftnutzung, dass wir die Einstellung dieses Projekts empfehlen.» Anlässlich dessen fordert der WWF den Stopp aller Planungen und eine Absage aller Tiroler Parteien an die drohende Verbauung einzigartiger Naturjuwele. «Anstatt bodenfressender Megaprojekte braucht es einen konsequenten Schutz unserer Alpen und eine naturverträgliche Energiewende», meint Simons.

Projekt widerspricht Kriterien für umweltverträgliche Energiewende

Der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal verstösst laut Kaspar Schuler vor allem gegen zwei zentrale CIPRA-Kriterien für nachhaltigen Wasserkraftausbau: Das wichtigste Kriterium betrifft den Erhalt der letzten ökologisch intakten Flüsse, Bäche und Flussstrecken. Sie müssen als solche erhalten bleiben und dürfen nicht durch einen etwaigen Kraftwerksbau beeinträchtigt werden, was auch die von Österreich mitunterzeichnete Wasserdeklaration der Alpenkonvention festhält. «Den vom Ausbau des Kraftwerks Kaunertal betroffenen Gletscherflüssen Venter und Gurgler Ache sollen bis zu 80 Prozent des Wassers entzogen werden. Das hätte fatale Folgen für die Gewässerökologie der beiden Flüsse und auf das Ötztal, das schon jetzt zu den niederschlagsärmsten Tälern Tirols gehört», kritisiert Schuler. «Dasselbe trifft auf das Platzertal zu, das hinter einem 120 Meter hohen Staudamm verschwinden soll – es darf doch kein weiteres ökologisch wertvolles Hochtal geopfert werden.»

Darüber hinaus kritisiert die CIPRA den zu starken Fokus der Tiroler Energiewende auf die bereits extrem ausgebaute Wasserkraft. «Bevor ein Projekt von diesen Dimensionen in Betracht gezogen werden darf, muss zuerst alles getan werden, um den Energieverbrauch zu reduzieren und andere erneuerbare Energien naturverträglich stärker auszubauen.» Derzeit produziert Tirol 95 Prozent seines Stroms aus Erneuerbaren mit Wasserkraft, während etwa der Anteil aus Photovoltaik weniger als 1,5 Prozent beträgt. Auch sind in Tirol erst rund ein bis zwei Prozent des PV-Potenzials ausgeschöpft.

Ausbaupläne und Kaunertal-Erklärung

Neben der Ableitung grosser Wassermengen aus wichtigen Gletscherflüssen und der Verbauung eines der letzten intakten Hochtäler würde der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal auch den Verlust von 6,3 Hektar Moorlandschaft im Platzertal bedeuten. Darüber hinaus würde die Schwallbelastung im Inn verstärkt und es würden rund 90 Kilometer neue Restwasserstrecken entstehen. Insgesamt beträfe das Megaprojekt 20 Gemeinden – sei es durch jahrelange Grossbaustellen oder durch den dauerhaften Entzug des Wassers, was gerade in Zeiten der Klimakrise dringend für Menschen und Landwirtschaft benötigt wird. 

In der im Mai 2022 vorgestellten Kaunertal-Erklärung unterstützen über 40 weitere Organisationen und Wissenschaftler:innen die WWF-Forderungen nach einem Stopp des Projektes sowie nach einer naturverträglichen Energiewende und dem Schutz der letzten intakten Alpenflüsse.

Weitere Informationen: www.wwf.at/artikel/kaunertal/

Wasserkraft-Position der CIPRA

Die 2021 veröffentlichte Position der CIPRA zum nachhaltigen Ausbau der Wasserkraft in den Alpen umfasst fünf Hauptkriterien:
1) Vorausschauende Planung und Energiereduktion vor neuem Wasserkraftausbau,
2) Sanierung bestehender Anlagen vor Neubau,
3) Intakte Flüsse, Flussstrecken und Bäche müssen als solche erhalten bleiben,
4) Kleinwasserkraft darf nur eingeschränkt für Insellösungen ausgebaut werden,
5) Kooperation und Abstimmung mit anderen Alpenländern

Weitere Informationen: www.cipra.org/de/positionen/wasserkraft-im-alpenraum

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Fotos und Hintergrundinformationen des WWF zum Ausbauprojekt gibt es hier zum Download: https://wwf-bilder.px.media/share/1661854053JT2JvlLT5GjYx7 

 

Rückfragen sind zu richten an:

Kaspar Schuler, Geschäftsleiter CIPRA International, +423 237 53 05, [email protected]