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Standpunkt: Skirennen am Gletscher: Respektieren wir die Grenzen!

18.01.2024 / Francesco Pastorelli, CIPRA Italien
Der Internationale Skiverband FIS verrennt sich in immer spektakulärere Veranstaltungen und macht dabei auch vor den ökologisch sensiblen Gletschergebieten nicht Halt. Angesichts des wachsenden Bewusstseins für die Klimakrise auch unter den Athlet:innen sollte die FIS endlich umdenken, meint Francesco Pastorelli, Geschäftsführer von CIPRA Italien.
Bild Legende:
Francesco Pastorelli, Geschäftsführer CIPRA Italien. (c) Maya Mathias, CIPRA International

Die Geschehnisse in Zermatt/CH und Cervinia/I veranlassen mich, über die Abgründe nachzudenken, in die sich der alpine Skirennlauf derzeit begibt. Wegen Schneemangels wurden jeweils zwei Weltcup-Abfahrtsrennen bei den Damen und den Herren im Herbst 2022 abgesagt, so wie auch ein Jahr darauf im November 2023. Der Grund war diesmal zu viel Schnee und zu starker Wind. Es sollte das erste Abfahrtsrennen auf einer einzigartigen Piste werden: Der Start liegt in der Schweiz auf der knapp 3‘900 Meter hohen Gobba di Rollin oberhalb von Zermatt, das Ziel an den italienischen Cime Bianche Seen oberhalb von Cervinia. Ein früher Start in die Weltcupsaisonsaison, TV-Sendezeit und weltweite Tourismuswerbung: Dafür haben die Veranstalter Millionen ausgegeben. Sie bauten die Rennpiste teilweise am Gletscher, rollten mit Planierraupen und Baggern an und füllten Gletscherspalten auf. Aber die Natur und das Wetter machten dem menschlichen Hochmut einen ordentlichen Strich durch die Rechnung. Doch in den Augen des Organisationsteams leidet der Gletscher wegen des Klimawandels, nicht wegen der Planierraupen. Das ist so, als ob man einer chronisch kranken Person vorhalten würde, sie sei selbst daran schuld.

Leider handelt es sich dabei nicht um einen Einzelfall: Die Situation ähnelte jener einige Wochen zuvor in Sölden/A. Auch Skirennen, für die Schnee mit Hubschraubern eingeflogen wird, sind keine Neuigkeit mehr. Athlet:innen und deren Teams, die im Hubschrauber landen, einstige Naturräume als künstliche Arena – all dem ist eines gemein: Es braucht Schnee. In welche Richtung entwickelt sich ein Sport, der offensichtlich unter dem Klimawandel leidet, diesen aber in all seinen Erscheinungsformen zu leugnen scheint? Heute ist der Skisport, der die Alpen geprägt und auch Entwicklung und Wohlstand gebracht hat, nur noch ein Vorwand für massloses Showbusiness, befeuert durch Sponsoring, Tourismus und Übertragungsrechte im Fernsehen und Internet.

Der Skirennsport sollte sich wieder auf seine Grenzen besinnen, sich dem Wandel des Klimas und der Jahreszeiten anpassen – und nicht das Gegenteil erwarten. Er sollte der Natur als unverzichtbarem Schauplatz Respekt und Ehrfurcht entgegenbringen. Dies haben auch viele Athlet:innen verstanden, die sich unter anderem für eine Verlegung des Beginns der Weltcup-Saison auf einen späteren Zeitpunkt ausgesprochen haben. Wie so oft bleibt nur die Hoffnung, dass auch die FIS-Verantwortlichen zu dieser Einsicht gelangen.