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«Selbst Autofahrer:innen profitieren vom Radfahren»

27.06.2023 / Katarina Žakelj, CIPRA Slowenien
Lea Rikato Ružić ist Verkehrsplanerin mit 12 Jahren Erfahrung im Bereich der nachhaltigen Mobilität. In ihrer Freizeit ist sie ausserdem Präsidentin des Ljubljana Cycling Network, das sich für die Verbesserung der Bedingungen für Radfahrer:innen in der Stadt einsetzt. Warum selbst eingefleischte Autofahrer:innen von fahrradfreundlichen Städten profitieren, erklärt sie im SzeneAlpen-Interview.
Bild Legende:
Das Ljubljana Cycling Network setzt sich für bessere Bedingungen für Radfahrer:innen in Ljubljana ein. (c) Alexander Nadrilyanski

Wie fahrradfreundlich ist Ljubljana?

Wir liegen irgendwo im Durchschnitt. Wir haben einen relativ hohen Radverkehrsanteil und eine recht gut ausgebaute Infrastruktur, aber es gibt noch viel Luft nach oben. Dies zeigt sich auch im Global Bicycle Index, wo andere Alpenstädte besser abschneiden als Ljubljana. Ich glaube, dass Ljubljana von anderen Städten lernen kann, vor allem im Bereich effizienter, multimodaler Bahnverbindungen und gut gepflegter Radverbindungen für Freizeit, Tourismus und Pendler:innen. Daran mangelt es in unserem Land wirklich, auch wenn es langsam besser wird.

Welche Veränderungen haben Sie in den letzten Jahren für Radfahrende in Ljubljana festgestellt?

In den letzten Jahren wurden die grössten Lücken im Radverkehrsnetz geschlossen, das Radfahren im Stadtzentrum ist einfacher und sicherer geworden, es gibt mehr Abstellplätze in der ganzen Stadt. BicikeLJ (städtischer Fahrradverleih) ist sehr beliebt und vermietet auch E-Bikes. Die Zahl der Radfahrenden nimmt langsam zu. Manchmal wird jedoch mehr für den Autoverkehr als für Radfahrende geplant, so dass Autos bei roter Ampel rechts abbiegen können, was am Fahrrad und zu Fuss gefährlich ist. Teils sind Radwege nicht angemessen markiert. Es gibt noch mehr Dinge, die umgesetzt werden sollten oder zumindest in der Planungsphase sind, aber es fehlt noch der Wille dazu.

Was ist bei der Planung von Fahrradinfrastruktur zu berücksichtigen?

Ich betone gerne die Notwendigkeit, nach dem Prinzip 8 bis 80 zu planen, sowohl für Achtjährige als auch für Achtzigjährige. Wenn es gut für sie ist, ist es auch gut für alle anderen. Es reicht nicht aus, das Radverkehrsnetz auszubauen. Andere Massnahmen sind manchmal sogar noch wichtiger: Die Beruhigung des Autoverkehrs, die Begrünung der Strassen, das Zusammenspiel mit dem öffentlichen Verkehr, die Kontrolle von parkenden Autos auf Radverkehrsflächen, kürzere Routen mit dem Rad als mit dem Auto. Wichtig ist, Nutzer:innen ein hochwertiges Erlebnis vom Startpunkt bis zum Ziel zu bieten. Dazu gehören auch sichere und bequeme Abstellmöglichkeiten für Fahrräder an beiden Enden.

Wer profitiert von einer fahrradfreundlichen Stadt?

Alle. Die grössten Nutzniesser sind die Einwohner:innen, die unabhängig von Alter, sozialem Status oder gesundheitlichen Einschränkungen ein kostengünstiges Verkehrsmittel nutzen können, mit dem sie einfach von Tür zu Tür kommen. Die Verkehrssicherheit verbessert sich, Kinder sind unabhängiger, Eltern weniger gestresst, ältere Menschen bleiben länger mobil. Die Luftqualität verbessert sich, es gibt weniger Lärm. Gemeinden profitieren davon, weil das Fahrrad viel weniger Platz braucht als das Auto und der öffentliche Raum für sinnvollere und auch wirtschaftlich attraktivere Angebote genutzt werden kann. Selbst die eingefleischtesten Autofahrer:innen profitieren vom Radfahren, weil es weniger Staus gibt. Die Lebensqualität verbessert sich für alle, und das praktisch ohne negative Nebenwirkungen. Es ist eine extrem einfache und kostengünstige Lösung für viele städtische Probleme, und manchmal kann ich kaum glauben, dass die Städte dies nicht verstehen und das Fahrrad, diese alte Erfindung, nicht zu ihrem Vorteil nutzen wollen.

Interview: Katarina Žakelj, CIPRA Slowenien

abgelegt unter: Mobilität, SzeneAlpen