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Freier Warenverkehr oder Gesundheit und Sicherheit?

16.11.2023 / Francesco Pastorelli, CIPRA Italien
Wegen Transitbeschränkungen auf der Brennerachse will der italienische Verkehrsminister Österreich verklagen. Er beruft sich dabei auf den freien Warenverkehr. Währenddessen verbietet der Bürgermeister eines Bergdorfs die Durchfahrt von Lastwagen – für die Sicherheit von Bürger:innen und Durchreisenden.
Bild Legende:
Lastwagen auf der Strasse Colle di Nava 28 in der Nähe der italienischen Gemeinde Pornassio. (c) Gemeinde Pornassio

Nachtfahrverbote, Tempolimits und Blockabfertigung: Tirols Landesregierung will die Schadstoff- und Lärmbelastung durch den Transitverkehr entlang der Brennerachse eindämmen. Die Massnahmen sind Frächtern ein Dorn im Auge, mit dem italienischen Verkehrsminister Matteo Salvini haben sie einen Verbündeten. Er kündigte an, Österreich wegen der Einschränkung des freien Warenverkehrs vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. «Den freien Warenverkehr für eine Klage heranzuziehen, verfehlt den eigentlichen Regelungsgehalt dieses Rechts und zeugt von einem mangelnden Problembewusstsein Salvinis», erklärt Paul Kuncio, Geschäftsführer CIPRA Österreich und Koordinator der Rechtsservicestelle Alpenkonvention. Das Recht auf freien Warenverkehr gewährleiste den Zugang zum europäischen Binnenmarkt. «Dieser Zugang wird durch die Transit-Beschränkungen Österreichs nicht eingeschränkt. Eine Aufhebung der Beschränkungen würde die Bevölkerung schwer treffen, aber an der Verkehrssituation wenig verändern.»

Bergpässe als Ausweichrouten

Die Verkehrsverlagerung erfolgt nur langsam, und die Auswirkungen einer ineffizienten Politik sind in den Alpentälern zu spüren, durch welche die Transitachsen verlaufen. Auch Passstrassen sind davon nicht ausgenommen:
Viele Lastwagen umgehen die Autobahnmaut, indem sie auf Passstrassen durch Ortschaften fahren. Die Staatsstrasse 28 über den Gebirgspass Colle di Nava zwischen Piemont und Ligurien ist davon besonders betroffen. Die unvermeidlichen Folgen sind Lastwagen, die in den Haarnadelkurven oder in den engen Strassen der Ortschaften stecken bleiben, ein permanentes Unfallrisiko, Lärm und Verschmutzung. Am 15. September 2023 erliess der Bürgermeister des kleinen, vom Transitverkehr betroffenen Dorfs Pornassio/I erstmals eine Verordnung, die am 30. Oktober erneuert wurde. Sie verbietet die Durchfahrt aller Lastwagen. Ausgenommen sind jene, die aus den beiden an den Pass angrenzenden Provinzen kommen. Mit dem Inkrafttreten der Massnahme ging der Transitverkehr um ein Drittel zurück.

 

Quellen und weiterführende Informationen: 

www.eunews.it/2023/10/16/salvini-ue-brennero-italia-austria/ (it), www.targatocn.it/2023/10/31/leggi-notizia/argomenti/viabilita/articolo/statale-28-nuova-ordinanza-definitivo-lo-stop-ai-tir-nel-territorio-di-pornassio.html (it), www.imperiapost.it/wp-content/uploads/2023/10/ordinanza-divieto-ss28.pdf (it), https://kurier.at/politik/ausland/salvini-brenner-transitstreit-transitverkehr-oesterreich-italien/402624962 (de), www.rainews.it/tgr/tagesschau/articoli/2023/10/reaktionen-auf-salvini-besuch-transitstreit-geht-weiter-aa376f0a-ef6b-4168-aac4-b08eedc33d27.html (de)