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Herausforderungen für die alpine Landwirtschaft

15.03.2024 / Serena Arduino und Jutta Staffler
Verlust der Artenvielfalt, Klimawandel, Abwanderung: nur einige der Probleme, die den Alpenraum betreffen. Das Konzept der Agroökologie bietet nachhaltige Lösungen – aber wir müssen sie gemeinsam umsetzen.
Bild Legende:
Landwirtschaftliche Geräte aus einer vergangenen Zeit. (c) Francesco Gallarotti

Seit 1980 haben rund 64% der Bauernhöfe in den Alpen ihren Betrieb aufgegeben. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ist überall, aber besonders im Alpenraum, deutlich spürbar. Konflikte mit dem Tourismus- und Energiesektor sowie veränderte Produktionsbedingungen aufgrund der Klimakrise und Abwanderungstendenzen verschärfen die Situation.

Die Landwirtschaft leistet jedoch einen unverzichtbaren Beitrag zur Entwicklung der Alpen und erbringt wichtige Ökosystemleistungen. In diesem Sinne pflegt die CIPRA Kontakte zu anderen Organisationen, wie etwa der Rete Semi Rurali (RSR).

Der Verein RSR verfolgt das Ziel, ökologische Land- und Weidewirtschaft sowie Viehzucht an die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen der Bergregionen anzupassen. In Zusammenarbeit mit weiteren Verbänden und Gruppen soll dieses Ziel nach und nach erreicht werden.

Am 16. und 17. November 2023 organisierte das Netzwerk in der Provinz Brescia/I eine zweitägige Veranstaltung zum Thema Agro-Biodiversität in den Bergen. Folgende für die CIPRA relevante Überlegungen wurden dabei festgehalten:

  • Die biologische Vielfalt in den Bergen muss immer im Kontext, in den sie eingebettet ist, betrachtet werden. Es müssen sowohl Aspekte des landwirtschaftlichen Systems, als auch soziale und wirtschaftliche Rahmenbedingungen mitgedacht werden. Um das Leben und die Landwirtschaft in den Bergen auch in Zukunft möglich und erstrebenswert zu gestalten, muss versucht werden, die Arbeitsbedingungen ausgehend von den ihnen zugrunde liegenden Bedürfnissen zu erleichtern. So etwa durch technische Hilfsmittel und Wissensaustausch in Bezug auf eine agrarökologische Transformation, die in anderen europäischen Ländern schon durch sogenannte «Helpdesks» etabliert sind.
  • Ein wesentliches Merkmal von Bergbauernhöfen ist die Polykultur, denn sie sind von Natur aus ein diversifiziertes, multifunktionales System (Zusammenleben mehrerer Pflanzen- und Tierarten). Die italienischen Rechtsvorschriften spiegeln diese Vielseitigkeit allerdings nur unzureichend oder gar nicht wider. Eine Reform des Regelsystems auf allen Ebenen der Lieferketten – von der Saatgutvermehrung über die Feldbewirtschaftung bis hin zur Produktverarbeitung und -verteilung wäre daher notwendig. Aufgrund dieser rechtlichen Mängel und der damit verbundenen bürokratischen Hürden sind Konsortien und Interessensgruppen derzeit von informellen Netzwerken verwaltet, die keinen Zugang zu Finanzmitteln haben. Ein erster Schritt in Richtung Optimierung wäre die Übertragung von mancherorts bereits etablierten, günstigen rechtlichen Rahmenbedingungen auf alle Regionen. Durch eine Anerkennung des Wertes dieser Polykulturen würde ihr Beitrag zur biologischen Vielfalt demnach unterstützt.
  • Bergbauernhöfe spielen aus zwei Gründen eine entscheidende Rolle bei der Sicherung der biologischen Vielfalt: einerseits sind sie durch ihre räumliche Isolierung Hüter von Reinformen neuer Arten, die aus der Befruchtung zwischen zwei unterschiedlichen Arten hervorgegangen sind. Indem traditionell Saatgut untereinander getauscht wird, kann die Inzuchtrate gewisser Arten verringert werden.

Die CIPRA nimmt diese Überlegungen zur Kenntnis und wird sie – wo möglich – einbringen.