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Standortpolitik auf Kosten der Umwelt

01.09.2020 / alpMedia
Sloweniens Regierung will das Mitspracherecht der Zivilgesellschaft bei umstrittenen Bauprojekten einschränken. Auch andere Alpenländer betreiben Standortpolitik auf Kosten der Umwelt.
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Schwebt in Gefahr: Das Recht auf Mitsprache der Zivilgesellschaft bei grossen Bauvorhaben.

Mitten in der Corona-Krise wollte die slowenische Regierung das Mitspracherecht von NGOs bei Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) einschränken. Die Umweltbewegung «Balkan River Defense» organisierte daraufhin im Mai eine Protestaktion. Mehrere tausend Menschen haben diese im Internet unterstützt, rund 1‘000 gingen in Ljubljana auf die Strasse. Auch CIPRA Slowenien kritisiert das Vorgehen der Regierung. «NGOs sind keine Gegner von Entwicklung, als die sie oft betitelt werden», sagt Špela Berlot, Geschäftsführerin von CIPRA Slowenien, «als VertreterInnen der Zivilgesellschaft geben sie den Interessen lokaler Gemeinschaften Ausdruck.»

Verbandsbeschwerderecht: «Wichtiges Mittel im Rechtsstaat»

In Liechtenstein diskutiert der Landtag aktuell über eine mögliche Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts bei Umweltthemen. Dieses sei jedoch ein wichtiges Instrument im Rechtsstaat, wie Monika Gstöhl, die Geschäftsführerin von CIPRA Liechtenstein und der Liechtensteinischen Gesellschaft für Umweltschutz (LGU) meint: «Die LGU wirkt an einer umwelt- und naturfreundlichen Ausgestaltung von rechtskonformen Projekten mit, sie greift nur ausnahmsweise und aus berechtigten Gründen zu Rechtsmitteln.» In der Schweiz wurde eine Initiative zur Abschaffung des Verbandsbeschwerderechts im Jahr 2008 abgelehnt.

In Österreich hat die vormalige Regierung das seit 2019 geltende Standort-Entwicklungsgesetz beschlossen. Es ermöglicht Projektwerbern, grosse Infrastrukturprojekte binnen 12 Monaten durchzupeitschen. Da Teile des Gesetzes im Widerspruch zur UVP-Richtlinie und dem Vorsorgeprinzip stehen, hat die EU ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die Novelle zum UVP-Gesetz hatte bereits 2018 verschärfte Kriterien für die Anerkennung von Umweltorganisationen gebracht: Sie müssen ihre Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt nachweisen und mindestens 100 Mitglieder vorweisen, Verbände benötigen zumindest fünf Mitgliedsvereine. «Vereine werden dadurch mit spürbaren Kosten und einem beträchtlichen Zeitaufwand konfrontiert», erklärt Paul Kuncio, Geschäftsführer von CIPRA Österreich.

Hürden für NGOs

Um die Gemeinnützigkeit von NGOs geht es derzeit in Deutschland. Nach einem Urteil des deutschen Bundesfinanzhofs verloren NGOs wie Attac und Campact im Jahr 2019 den Status der Gemeinnützigkeit und damit auch Steuervorteile – mit der Begründung, dass sie politisch nicht neutral seien. Auch die Deutsche Umwelthilfe war diesbezüglich immer wieder im Gespräch, wie Uwe Roth, Geschäftsführer von CIPRA Deutschland, erklärt. Er fragt sich: «Kann Umwelt- und Naturschutz heutzutage überhaupt politisch neutral sein?»

 

Quellen und weiterführende Informationen :

balkangreenenergynews.com/slovenian-government-is-taking-rights-from-environmental-ngos/ (en), orf.at/stories/3141645/, www.derstandard.at/story/2000110172899/eu-kommission-zerpflueckt-oesterreichisches-standortentwicklungsgesetz, lgu.li/artikel/einschraenkung-des-verbandsbeschwerderechts, www.wz.de/wirtschaft/gerichtsurteil-im-fall-attac-warum-die-deutsche-umwelthilfe-ihre-gemeinnuetzigkeit-nicht-so-leicht-verliert_aid-37321695, www.welt.de/wirtschaft/article202284082/Campact-Gemeinnuetzigkeit-aberkannt-Steuervorteil-ade.html