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«Solarenergie ermöglicht, bedarfsorientiert zu arbeiten»

26.08.2021 / Delphine Ségalen, CIPRA Frankreich
Olivier Verdeil ist Leiter der Photovoltaik-Abteilung am französischen Nationalen Institut für Solarenergie (INES). Ein Interview über die Vor- und Nachteile der Nutzung von Solarenergie in den Bergen.
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Die Kraft der Sonne am Berg nutzen: Dafür bietet sich bestehende Infrastruktur wie Dächer, Lawinenverbauungen oder Staumauern an. © Roy Buri, pixabay

Herr Verdeil, warum ist eine Photovoltaikanlage in den Bergen effizienter als im Flachland?

Da Photovoltaik-Technologien temperaturempfindlich sind, ermöglichen kühlere Temperaturen eine höhere Produktivität. Die Reinheit der Luft und die Höhenlage sind günstige Faktoren. Je höher man kommt, desto dünner wird die atmosphärische Schicht und desto weniger filtert sie die Strahlung. Schneebedeckter Boden reflektiert mehr Lichtenergie.

Was sind die Vorteile von Solarenergie in Bergregionen im Vergleich zu Wasserkraft oder Windenergie?

Solarenergie könnte überall installiert werden. Etwa auf Dächern, Strassen oder Seen – im Gegensatz zur Wasserkraft, die einen grossen Fluss benötigt. Die Windenergie erfordert zuverlässige und vorhersehbare Standortbedingungen. Das passt mit Bergregionen, wo die Bedingungen sehr unterschiedlich sind, nicht sehr gut zusammen.

Was sind die Risiken und Herausforderungen bei der Installation dieser Systeme in den Bergen?

Schnee auf den Platten reduziert die Produktion. Sind sie schräg montiert, erleichtert das die Räumung. Allerdings sollten sie so geplant werden, dass sich nicht direkt über dem Gebäudeeingang Dachlawinen lösen. Es gibt spezielle Systeme, die einen Rückstrom in die Module erzeugen der die Oberfläche erwärmt, wodurch der Schnee abrutscht. Es sollten verstärkte Module verwendet werden, die Überlasten tragen können. Das Risiko einer Beeinträchtigung durch Unwetter ist in den Bergen natürlich  auch vorhanden, dem kann aber die Montage von Blitzableitern vorbeugen. Für die mit Photovoltaikanlagen in den Bergen verbundenen Risiken gibt es technische Lösungen.

Es gibt Photovoltaikanlagen auf Lawinenverbauungen, Staumauern und sogar schwimmende Solarpanels auf Bergstauseen. Was ist Ihre Meinung zu diesen Installationen?

Die doppelte Nutzung bestehender Infrastruktur ist eine gute Idee. Aber manche Lawinenverbauungen sind weit von den Orten des Verbrauchs und der Einspeisung ins Stromnetz entfernt, was sie möglicherweise technisch und finanziell unrentabel machen kann. Photovoltaik-Anlagen auf Staudämmen könnten die Vorteile einer vorhandenen Netzanbindung der Wasserkraftanlage nutzen. Bei schwimmenden Photovoltaikanlagen stellt sich die Frage nach der visuellen Beeinträchtigung und dem Produktionsausfall durch die starke Verschattung in steilen Lagen. Aber wenn der Standort bereits industrialisiert, nicht touristisch genutzt und von geringem Interesse für die Artenvielfalt ist – warum nicht?

INES und CIPRA Frankreich arbeiten zusammen mit anderen Partnern an einem Projekt zur Solarthermie und Photovoltaik namens ENERB'Alpes. Was sind die Ergebnisse?

Die Herausforderung besteht darin, die Systeme so zu konstruieren, dass ein Informationsfeedback in Echtzeit erfolgt. Das gewährleistet eine ordnungsgemässe Überwachung und Wartung zum Beispiel auf hochgelegenen Hütten, die nicht an das Stromnetz angeschlossen sind. ENERB'Alpes beleuchtet die Vor- und Nachteile der Solarenergie in den Bergen und zeigt Lösungen auf. Autonomie in entlegene Gebiete zu bringen, die keinen Zugang zu Energie haben, trägt zu einer lokalen Energiewende bei. Die Solarenergie ermöglicht es uns, bedarfsorientiert zu arbeiten.