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Europas Wasserschloss gerät ins Wanken

15.06.2022 / Mirjam Jakob, CIPRA International
Der Klimawandel bringt die sonst so wasserreiche Alpengregion aus dem Gleichgewicht. Dürrephänomene wie im letzten Winter und diesem Frühjahr treten immer häufiger auf – mit weitreichende Folgen für Natur und Gesellschaft.
Bild Legende:
Nach einem niederschlagsarmen Winter sind Schnee und Schmelzwasser in diesem Jahr rar. (c) pixabay

Die Berge haben bereits zu Beginn des Sommers grossen Durst: Der Pegelstand vieler Seen und die Durchflussmenge vieler Flüsse ist besonders in den Westalpen auf einem historischen Tiefstand. Einige Wasserkraftwerke stehen bereits still oder produzieren minimal. Es gibt kaum Schnee aus dem letzten Winter, der die Wasserreserven für den Sommer wieder auffüllen könnte. Für einige alpine Schutzhütten könnte das Wasser für Verpflegung und Energiegewinnung bereits früh in der Saison knapp werden. In der Schweiz kämpft jede fünfte Hütte mit Versorgungsproblemen und das Rifugio Jervis im Oberen Val Pellice/I hatte bereits im Frühjahr Schwierigkeiten, den Hüttenbetrieb aufrechtzuerhalten. Im schlimmsten Fall müssen Hütten bei Wassermangel schliessen, wie etwa 2021 das Rifugio Quintino Sella am Fusse des Monviso/I. Langfristig braucht es angesichts der Klimakrise neue Konzepte, wie zum Beispiel eine Umstellung auf Trockentoiletten oder Solarenergie.

Auch die Land- und Forstwirtschaft muss sich in Zukunft auf mehr Dürreperioden und Extremwetterereignisse durch den Klimawandel vorbereiten: Waldbrände wie vor einigen Wochen in Kranj/SI nehmen zu, Bäume werden anfälliger für Krankheiten. Die Alpine Weidesaison verkürzt sich und Trockenheit führt zu Ernteeinbussen. Die Europäischen Dürrebeobachtungsstelle (EOD) verzeichnete bereits im April für weite Teile der Alpen viel trockener Bodenbedingungen als gewöhnlich. Hagelstürme und Starkregen, wie sie in diesem Frühsommer in Bayern/D und Norditalien auftraten, machen den Landwirt:innen im Alpenraum zusätzlich zu schaffen.

Im Winter 2021/22 gab es im Alpenraum deutlich weniger Niederschläge als sonst. In vielen Gebieten regnete oder schneite es mehr als 100 Tage lang nicht. Das Wasserdefizit betrug etwa 60 Prozent und erreichte im Piemont/I Spitzenwerten von 80 bis 90 Prozent. «Man kann mit einiger Sicherheit sagen, dass solche Situationen in den kommenden Jahren noch häufiger auftreten könnten», sagt Vanda Bonardo, Präsidentin von CIPRA Italien. «Anhaltende Dürrephänomene in Verbindung mit steigenden Temperaturen werden zu radikalen Veränderungen in unseren Bergen führen.»

Quellen und weiterführende Informationen:

www.cipra.org/it/cipra/italia (it), www.alpenverein.de/huetten-wege-touren/huetteninfo/huettentechnik/wasserversorgung-unserer-alpenvereinshuetten_aid_33826.html (de), www.sac-cas.ch/de/die-alpen/die-lebensader-der-huetten-23890/ (de), https://orf.at/stories/3263842/ (de),www.montagna.tv/199044/rifugi-alpini-senzacqua-si-teme-per-lestate/ (it), www.gov.si/assets/organi-v-sestavi/URSZR/Publikacija/Ujma/2020/2021/Susa-leta-2020-v-alpskem-prostoru.pdf (sl), https://edo.jrc.ec.europa.eu/documents/news/GDO-EDODroughtNews202204_Europe.pdf (en), www.daswetter.com/nachrichten/aktuelles/schwere-unwetter-hagel-alpen.html (de), https://n1info.si/novice/slovenija/kaksne-so-posledice-pozara-ki-je-tri-dni-divjal-v-preddvoru/ (sl)