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Standpunkt: Die Berge, ein sicherer Ort

01.09.2020 / alpMedia
Während des Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie haben Berggebiete als Rückzugsorte an Bedeutung gewonnen. Um diese Rolle auch zukünftig besser erfüllen zu können, müssen sie gestärkt und digital vernetzt werden, fordert Vanda Bonardo, Präsidentin von CIPRA Italien.
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Vanda Bonardo, Präsidentin von CIPRA Italien.

Seit klar ist, dass Menschenansammlungen nicht gerade gesund sind, ist die Stadt nicht mehr der sichere Ort, der sie einmal war. Die Menschen wollen Freiräume, Luft zum Atmen und Natur zum Leben. Während und seit des Lockdowns wurden die italienischen Berggebieten regelrecht überrollt: von Menschen auf der Suche nach einem sicheren Rückzugsort und nach einem Zweitwohnsitz zur Miete oder zum Kauf. Dabei handelt es sich um Strömungen, die von den lokalen Institutionen oft nur schwer zu steuern sind. Damit Berggebiete diese Leistung erbringen können, müssen sie sich ihrer neuen Rolle bewusst werden und die Rahmenbedingungen finden, die sie für deren Ausübung brauchen.

Seit jeher ist der Raum in Berggebiete weniger dicht bebaut und genutzt. Die vielfältige Berglandschaft ist das Ergebnis eines Jahrtausende alten Zusammenspiels der menschlichen Aktivitäten und der Natur. Sie spiegelt idealerweise die Suche nach dem Gleichgewicht zwischen Mensch und Umwelt – und zwar sowohl aus ökologischer als auch aus gesundheitlicher Sicht. Ein gut ausgestattetes und gemütliches Zuhause zum Leben, Studieren, Lernen und Arbeiten hat sich im Lockdown als wesentlich erwiesen. Auch diesem Bedürfnis kann durch die Aufwertung inneralpiner Regionen nachgekommen werden. Betrachten wir Probleme beim Erreichen oder Verlassen dieser Orte, so stellen wir fest, dass auch hier eine bis vor wenigen Monaten kaum denkbare Veränderung stattgefunden hat. Dank des Digitalisierungsschubs kann man von Hause aus mit dem Rest der Welt in Kontakt bleiben.

Der durch den Lockdown ausgelöste epochale Wandel in Richtung Digitalisierung hat unvorstellbare neue Horizonte eröffnet: Nie hätten wir gedacht, dass alle, selbst die Ältesten und Widerstrebendsten, digitale Systeme verwenden würden. Das Coronavirus hinterlässt uns ein Vermächtnis, das das Leben all jener Menschen radikal verbessern kann, die sich dafür entschieden haben oder entscheiden werden, in inneralpinen Regionen zu leben und zu arbeiten. Die Bedingung ist, dass dieser Trend mit den notwendigen Massnahmen zum Ausbau der Ultrabreitbandtechnik und des Telefon- und Fernsehnetzes einhergeht. Denn an diesen Orten ist es unerlässlich, den Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien auszubauen, um die digitale Kluft zu überbrücken, die dort im Vergleich mit grossen Ballungsräumen besteht.

Die Situation nach Corona ist sehr schwierig und besorgniserregend. Doch wie in allen Zeiten des Übergangs werden auch in diesem Fall neue Gleichgewichte und damit neue Möglichkeiten entstehen. Insofern wird es wichtig sein zu verstehen, wie sich die Berggebiete wieder stärker als Dreh- und Angelpunkte durchsetzen können, so wie es von vielen Seiten während der vergangenen Jahren immer wieder gefordert wurde. Als solche geben sie uns Halt und sind zugleich ein Experimentierfeld – nicht nur für den Klimawandel und sozioökonomische Veränderungen, sondern auch für die Eindämmung und Anpassung an kommende Pandemien.