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Standpunkt: Wo bleibt die Energieeffizienz?

10.05.2022 / Kaspar Schuler, CIPRA International
Russland ist Hauptlieferant fossiler Energien in die Europäische Union. Die eindringlich geforderte Beendigung dieser Abhängigkeit kommt dem Klimaschutz entgegen. In der Realität vermischt sich allerdings die lautere Absicht mit dem zeitgleichen Bau neuer Anlagen für fossile und erneuerbare Energien, warnt Kaspar Schuler, Geschäftsleiter von CIPRA International.
Bild Legende:
Kaspar Schuler, Geschäftsführer CIPRA International. (c) CIPRA International

Das Kriegsleid in der Ukraine berührt uns in ganz Europa menschlich genauso wie künftig die militärischen und ökonomischen Auswirkungen. In diesen Umwälzungen müssen wir Stellung beziehen, um die ethischen und demokratischen Grundlagen unseres Zusammenlebens zu verteidigen. Aber auch unserer Energieversorgung willen.

Weit nördlich der Alpen ist die Problematik bereits virulent. Vor der Nordsee-Insel Borkum soll Erdgas gefördert werden, unmittelbar neben dem Niedersächsischen Nationalpark Wattenmeer, einem der artenreichsten Lebensräume Europas neben den Alpen. In Bayern spricht Regierungspräsident Markus Söder von der nötigen, «ergebnisoffenen» Prüfung des Gasfrackings. Vizekanzler Robert Habeck erklärt, im Zweifel sei Versorgungssicherheit jetzt wichtiger als Klimaschutz.

In der Schweiz werden Gaskraftwerke als Übergangstechnologie zur angestrebten, rein erneuerbaren Energieversorgung in Erwägung gezogen, da diese aufgrund einer verfehlten Förderpolitik nicht vorankommt. Hinzu kommt die fast totale Wasserkraftnutzung. In einer Interessenabwägung haben sich Umweltorganisationen mit Energiewirtschaft und Regierung darauf verständigt, 15 Vorhaben zum Ausbau alpiner Speicherkraftwerke zu priorisieren – trotz starker Umwelteingriffe. Im Kanton Wallis/CH wird neu eine riesige Freiflächen-Solaranlage diskutiert: Auf 100'000 m2 Alpweiden sollen 4’500 Solarmodule mehrheitlich Winterstrom produzieren.

Mit ihrer Position zur Wasserkraft hat die CIPRA Mitte 2021 einen umfassenden Leitfaden zur Beurteilung neuer Anlagen erstellt. Bereits 2020 haben wir in der Position «Alpine Landschaft ist nicht erneuerbar!» festgehalten: «Die Senkung des Verbrauchs durch bessere Energieeffizienz und Suffizienz-Massnahmen muss stets oberste Priorität haben.» Wie zentral das ist, zeigt die Statistik zum Energie-Unabhängigkeitstag. Dessen Berechnung zeigt, bis zu welchem Tag ein Land sich autark versorgt. Keines der Alpenländer schafft das länger als sieben Monate: 7. April (Italien), 12. April (Schweiz), 12. Mai (Deutschland), 1. Juni (Österreich), 16. Juli (Slowenien), 21. Juli (Frankreich).

Folglich geht ohne Effizienz-Offensive der zeitgleiche Ausbau fossiler und erneuerbarer Energieproduktion weiter, unter dem Druck des Krieges noch hemmungsloser. Bis unsere Umwelt eine von Einförmigkeit geprägte Zivilisationsödnis ist, in der wir Menschen verkümmern.

 

Quellen und weiterführende Informationen:

www.spiegel.de/ausland/robert-habeck-und-der-gas-deal-mit-katar-bittsteller-in-der-wueste-a-ee7c05db-2348-4c37-914f-87539578be5d (de), www.spiegel.de/wissenschaft/technik/energiekrise-wie-sinnvoll-ist-es-in-deutschland-mehr-gas-und-oel-zu-foerdern-a-2fe5f590-0547-4dbc-b8fc-c6f75ccc0c8c (de), www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/niedersachsen-will-in-der-nordsee-erdgas-foerdern-a-3051328d-37c6-47c3-8f98-a24c1be7cd59 (de), www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/stockende-energiewende-so-grosse-versprechen-so-kleine-erfolge-a-12b94b26-26d4-4023-a092-ac34c725bc0e (de), www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/69601.pdf (de), www.gondosolar.ch/das-projekt (de), www.energiestiftung.ch/files/energiestiftung/fliesstextbilder/Studien/2022_Energieunabhaengigkeitstag/20220405_ST_Energieunabhaengigkeitstag.pdf (de), www.srf.ch/news/schweiz/energie-aus-dem-ausland-warum-ab-heute-fertig-ist-mit-der-energieunabhaengigkeit (de)