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«Ich empfinde mich als Rädchen im Getriebe»

13.07.2012 / CIPRA Internationale Alpenschutzkommission
Ein Badeteich sollte es mal sein. Entstanden ist die Inwertsetzung der Flach- und Hochmoore­ in Krumbach. Für Arnold Hirschbühl, Bürgermeister der Vorarlberger Gemeinde, gehört die ­Bürgerbeteiligung bei wichtigen Entscheidungen zum Programm.
«Ich empfinde mich als Rädchen im Getriebe»
Bild Legende:
© Urs Fitze
Man kennt sich in Krumbach, sucht gemeinsam nach Lösungen. «Wenn wir es schaffen, an einem Strick zu ziehen, bin ich zufrieden», sagt Arnold Hirschbühl, der sich selber als «Rädchen in diesem Getriebe» bezeichnet. Seit 17 Jahren steht er der Vorarlberger 1000-Seelen-Gemeinde als Bürgermeister vor.
Der 56-Jährige sitzt auf einer Holzbank im so genannten Moorraum, einem schlichten, unverglasten Holzkubus, entworfen von einem lokalen Architektenteam. Eine bodenlange Öffnung gibt den Blick frei auf das Moor «Salgenreute». Wer weiss, anderswo fände sich hier jetzt ein Badeteich. So hatten es die Gastwirte in der Gemeinde vorgeschlagen. Sie wollten den vielen Tagesgästen etwas bieten.
Hätte ein solch künstliches Gebilde ins Dorf gepasst? Arnold Hirschbühl masste sich nicht an, darüber zu entscheiden. Man holte externen Rat ein und eröffnete die Diskussion. Ein Leitbildprozess brachte zutage, dass das Kapital der Gemeinde die umgebende und teils bis ins Zentrum reichende Natur- und Kulturlandschaft ist. Die grössten Naturschätze in Krumbach sollten beworben werden: die Flach- und Hochmoore.

Befristete Beteiligung
Mit 14 Moorsitzen – Bänken mit einer Informationstafel – und dem Moorraum wurde eine einfache Infrastruktur erstellt. Ein jährlich wechselnder Veranstaltungsreigen und ein kleiner Führer zu den Mooren bietet zusätzlichen Anreiz, die Moore Krumbachs zu erkunden. Seit der Eröffnung vor vier Jahren kommen jährlich mehr Besucher.
Dass Lösungen in einem korporativen Prozess entwickelt werden, ist keine Selbstverständlichkeit in der österreichischen Gemeindelandschaft. Die Gesetze sehen, abgesehen von der Wahl der Gemeindevertretung, keine direkte Mitwirkung der Bevölkerung vor. Deren Beteiligung an wichtigen Entscheidungsprozessen hat Arnold Hirschbühl nach seinem Amtsantritt initiiert. Heute sind die jährlich stattfindenden konsultativen Bürgerversammlungen eine Selbstverständlichkeit. Die Erfahrungen seien überaus positiv, bilanziert Hirschbühl. Die Bereitschaft der Bürger, am Wohlergehen der Gemeinde aktiv mitzuwirken, sei grundsätzlich vorhanden. Aber man habe auch dazulernen müssen. «Die Menschen wollen sich nicht mehr dauerhaft engagieren. Sie lassen sich für ein befristetes Projekt gewinnen, machen begeistert mit und ziehen sich dann wieder zurück.»
Der im vergangenen Jahr erstmals einberufene BürgerInnenrat berücksichtigt diesen Paradigmenwechsel. Nach dem Zufallsprinzip werden EinwohnerInnen ausgewählt und eingeladen, sich an einem neuen Projekt zu beteiligen. Es geht um den Bau einer Mehrgenerationensiedlung, um den veränderten Wohnbedürfnissen der älteren Einwohner Rechnung zu tragen. Arnold Hirschbühl: «Die Gruppe hat uns darin bestärkt, den sozialen Aspekten des Zusammenlebens grosses Gewicht zu geben, auch bei der baulichen Umsetzung mit einem Gemeinschaftsraum.»

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Langfristiges Engagement
Seit Arnold Hirschbühl 1995 sein Amt als Bürgermeister der Gemeinde Krumbach/A übernommen hat, versucht er gemeinsam mit der Gemeindevertretung die Bürger mehr in ­politische Entscheidungsprozesse einzubinden. Der 56-Jährige ist von Beruf Landwirt.
Krumbach ist seit 2003 Mitglied des Vereins «Allianz in den Alpen». Für die Inwertsetzung der Moore erhielt die rund 1000 Einwohner zählende Gemeinde Fördermittel vom Verein in der Höhe von 10‘000 Euro. Die Moorlandschaft ist Teil des Naturparks Nagelfluhkette, der sich über die österreichisch-deutsche Grenze bis ins Allgäu erstreckt.
www.krumbach.at - www.naturpark-nagelfluhkette.info

aus: Szene Alpen Nr. 96 (www.cipra.org/de/alpmedia/publikationen/4960)