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Genügsamkeit im Verkehr: auf dem Weg zu einer neuen nachhaltigen Mobilitätskultur

05.11.2015
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FORDERUNGEN DER CIPRA

Die nachhaltige Verkehrsgestaltung ist eine gemeinsame Herausforderung für alle Alpenländer. Sie erfordert einen gemeinsamen Ansatz zur Entscheidungsfindung, um die Verkehrsströme auf alle Länder zu verteilen und die Auswirkungen von Investitionsprioritäten auf die Verkehrsinfrastruktur und die Verkehrspolitik auf Alpenebene zu berücksichtigen. In vielen Fällen gibt es einen klaren Widerspruch zwischen allgemeinen Strategien für nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz auf der einen Seite und verkehrspolitischen Entscheidungen auf der anderen Seite. Viele verschiedene Akteure sind an der Mobilitätsentwicklung in den Alpen beteiligt: Politik, Verwaltung, Unternehmen und Zivilgesellschaft müssen den Dialog untereinander verbessern und stärker zusammenarbeiten, um die negativen Auswirkungen des Verkehrs in den Alpen zu reduzieren.

An die EU, die Alpenländer, Regionen und Gemeinden werden folgende Forderungen gerichtet. In einigen Fällen werden auch weitere Akteure wie Tourismus- und Verkehrsunternehmen zum Handeln aufgefordert.

Die CIPRA fordert die Einführung des Konzepts der Verkehrsvermeidung (Suffizienz) in der Verkehrsplanung, d.h. anhand gemeinsamer Kriterien zur Gewährleistung einer hohen Lebensqualität muss der Verkehrsbedarf bestimmt und an die Verkehrskapazitäten der Alpenregionen angepasst werden.

Die CIPRA fordert sinnvolle Schritte in Richtung einer neuen und nachhaltigeren Mobilitätskultur durch:

  • Schärfung des Bewusstseins für die negativen Auswirkungen des Verkehrs, wie Luftverschmutzung und deren Folgen für die Gesundheit;
  • Anregung und Förderung von attraktiven Alternativen sanfter Mobilität zur Reduzierung des individuellen Pkw-basierten Verkehrs;
  • Unterstützung einer umweltfreundlichen Mobilität auch in Randgebieten, unter anderem durch eine integrierte und weitsichtige Raum- und Verkehrsplanung sowie integrierte Mobilitätssysteme;
  • Stärkung der regionalen Wertschöpfungsketten und lokalen Dienstleistungsangebote in den Alpen, um die von Personen und Gütern zurückgelegten Entfernungen zu verringern;
  • bessere Nutzung des Potenzials neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), um einerseits den Verkehr zu reduzieren und andererseits die Attraktivität entlegener Regionen für Unternehmen insbesondere im Dienstleistungssektor zu erhöhen. Das bedeutet, dass die digitale Kluft verringert und die Unternehmen zur Nutzung dieser IKT-Lösungen für Niederlassungen und Geschäftstätigkeiten in abgelegenen Alpentälern animiert werden müssen. Parallel dazu müssen ressourceneffiziente IKT entwickelt werden.
  • Stärkung des Bewusstseins dafür, dass die Ersetzung fossiler Brennstoffe durch Strom oder Brennstoffe aus erneuerbaren Energien zwar gewisse Chancen bietet, aber bei weitem nicht ausreicht, um die negativen Auswirkungen des Verkehrs in bedeutender und verantwortungsvoller Weise zu minimieren. Für alle Formen des unvermeidbaren Individual- und Gewerbeverkehrs sollten während des gesamten Lebenszyklus der Fahrzeuge, d.h. von der Herstellung bis zur Entsorgung, die effizientesten Technologien zum Einsatz kommen.

 

Die CIPRA fordert integrierte Massnahmen zur Verlagerung des Verkehrs in den Alpen auf öffentliche Verkehrsmittel (vor allem auf die Schiene):

  • Eine solche Verkehrsverlagerung erfordert klare, langfristige politische und rechtliche Rahmenbedingungen. Die CIPRA fordert vor allem die Umsetzung der bestehenden Bestimmungen und Aktionspläne für Luftqualität und Lärmschutz. Des Weiteren fordert die CIPRA die Einführung einer Alpentransitbörse als ein Instrument, das die Verkehrsverlagerung im Rahmen der vorhandenen Schieneninfrastruktur erleichtern würde.
  • Ein fairer Wettbewerb und eine Steuerung im Rahmen der Kostenwahrheit sind Voraussetzung für den Vergleich verschiedener Verkehrsmittel und die verstärkte Nutzung von schienengebundenen Verkehrsmitteln als Alternative zum Flug- und Pkw-Verkehr durch Urlauber und Einheimische in den Alpen.
  • Auch Infrastrukturprojekten, einschliesslich Schieneninfrastrukturen, sollten reale Kostenkalkulationen zugrunde liegen. Wenn zusätzliche Schienenkapazitäten erforderlich sind, sollte vorrangig die bestehende Infrastruktur verbessert und ausgebaut werden.
  • Der öffentliche Verkehr muss als wichtige Dienstleistung aufrechterhalten werden. In Zeiten, in denen öffentliche Ausgaben gekürzt werden, sind Lösungen für eine effektive, innovative und kosteneffiziente Gestaltung des öffentlichen Verkehrs gefragt, anstatt Verkehrsangebote zu reduzieren oder ganz zu streichen.
  • Die Qualität des öffentlichen Verkehrsangebots und insbesondere des Bahnverkehrs sollte verbessert werden, um Reisende zu ermutigen, auf den privaten Pkw oder das Flugzeug für kurze Distanzen zu verzichten und für ihre Reisen durch die Alpen und die Mobilität vor Ort öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
  • Mehrere neue Fernstrassen (vor allem Gotthard-, Fréjus-, Tenda-, Feldkirch- und Karawankentunnel, aber auch die Val d’Astico- und Alemagna-Autobahnen) sind in Planung oder bereits im Bau. Sie stehen allesamt im Widerspruch zu den Zielen der Alpenkonvention und den Prinzipien einer Verkehrsverlagerung, da sie neue Kapazitäten für den Strassenverkehr schaffen. Die CIPRA fordert, dass das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention und der Ausbaustopp weiterer Alpentransitstrassen eingehalten werden.

Positionspapier, CIPRA International, 15.11.2015