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Medienmitteilung

Die Ansprüche der Gesellschaft prägen die Landschaft

04.10.2017
Gegensätzliche Bedürfnisse und überzogene Erwartungen prallen in der Raumplanung aufeinander. Ihre Rolle muss überdacht werden: weg von der Gesamtplanung, hin zur Vermittlung und Sensibilisierung, lautete der Tenor an der CIPRA-Jahresfachtagung am 29. und 30. September 2017 in Innsbruck/A.
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© CIPRA / Caroline Begle

«Raumplanung muss sich vom Anspruch der optimalen Gesamtgestaltung verabschieden», postulierte Referent Friedrich Schindegger an der CIPRA-Jahresfachtagung «Alpine Raum-Sphären – natürliche Grenzen, unendliche Möglichkeiten» am 29. und 30. September 2017 in Innsbruck/A. Sie könne diesen Anspruch gar nicht erfüllen: Einzelinteressen von Landwirtschaft, Unternehmen, InvestorenInnen und politischen Körperschaften gäben heute vielfach den Ton an. Der österreichische Raumplaner zeigte sich überzeugt: «Die Landschaft ist der Fussabdruck der Wertvorstellungen und Machtverteilung der darin lebenden Gesellschaften.» Die Raumplanung müsse sich neu orientieren, indem sie Verantwortung für das Gemeinwohl übernehme und mehrheitsfähige, generelle Prinzipien vermittle.

Reichhaltig war das Programm, das CIPRA Österreich und CIPRA International zusammen mit geladenen ReferentInnen den rund 200 Teilnehmenden aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft boten. Auch Gianluca Cepollaro stellte das vorherrschende Verständnis von Raumplanung in Frage: Das Bild des Menschen als über der Natur stehender Beherrscher sei veraltet. Heute werde der Mensch als Teil der Natur gesehen, und im Alpenraum wachse das Bewusstsein für Lebensräume, vor allem bei jüngeren Generationen. Dieses Verständnis müsse auch in die Raumplanung einfliessen, so der Direktor der Schule für Raum- und Landschaftsordnung step in Trento/I.

«Wir müssen uns den Raum wieder aneignen»

Für Diskussionen auf dem Podium sorgte der Blick auf den «Zustand der Raumplanungs-Politik im Alpenraum». Markus Reiterer, Generalsekretär der Alpenkonvention, kritisierte die inhaltliche Zersplitterung: «Auch Tourismus- oder Verkehrspolitik ist irgendwann Raumordnung.» Sich vermehrt offenen Diskussionen zu stellen statt Nabelschau zu betreiben, forderte Gerlind Weber von der Raumplanung, während Janez Fajfa, Bürgermeister von Bled/SI deutlich aufzeigte, welche Missstände fehlgeleitete Raumplanungen auf Gemeindeebene nach sich ziehen. Am Nachmittag boten Workshops Gelegenheit zum Austausch zu den Themen Talverdichtungen, Tourismuszentren sowie ländliche Räume zwischen Erschliessungs- und Abwanderungsdruck. Peter Haßlacher, Präsident von CIPRA Österreich, betonte: «Die alpine  Raumordnung wird durch das ungebremste Wachstum einiger Tourismuszentren unter Druck gesetzt.»

Katharina Conradin, Präsidentin von CIPRA International, hielt abschliessend fest: «Wir haben eigentlich ein ganzes Instrumentarium, das wir in der Raumplanung anwenden können.» Dieses werde aber oft wegen Einzelinteressen ausser Kraft gesetzt. Sie forderte die Teilnehmenden aus allen Alpenländern auf: «Wir müssen uns den Raum wieder aneignen.»

Handlungsbedarf ist gross

Bereits 2016 forderte die CIPRA in einem Offenen Brief an die Ministerinnen und Minister für Raumplanung der Alpenländer neue Herangehensweisen zur Sicherung von Ökosystemleistungen. Neue Erkenntnisse aus Fachbereichen wie Psychologie, Soziologie oder Kulturwissenschaften können dazu beitragen, das Verständnis und die Akzeptanz für solche raumplanerischen Massnahmen zu sichern. Damit nicht nur ExpertInnen teilhaben können, brauche es den Einbezug, die Befähigung und die Mitwirkung aller Betroffenen. Im Dialog mit BürgerInnen, InteressenvertreterInnen und Fachleuten müssten politische EntscheidungsträgerInnen neue Kompetenzen wie Moderation oder Mediation entwickeln.

Weitere Informationen bietet das Themenheft SzeneAlpen Nr. 101 «Raum ist endlich», das Web-Dossier «Raumplanung in den Alpen» sowie das Projekt alpMonitor mit der interaktiven Präsentation «Alpwil – eine Gemeinde auf dem Weg zu mehr Lebensqualität», siehe www.cipra.org/de/dossiers/raumplanung.

Programm, Bildergalerie und Präsentationen: www.cipra.org/de/jft2017


Rückfragen bitte richten an:

Josef Essl, Geschäftsführer CIPRA Österreich, [email protected], Tel.: +43 664 88 62 48 76 

Magdalena Holzer, Projektleiterin CIPRA International, [email protected], Tel. +423 237 53  13


abgelegt unter: Jahresfachtagung