Grenzen sozialer Innovation
Soziale Innovation ist heutzutage in aller Munde. Wo immer der Begriff
auftaucht, wird Aufmerksamkeit generiert und mit positiven
Zuschreibungen jongliert. Dies birgt die Gefahr der Verwässerung und
des Missbrauchs. Nicht jede Innovation dient per se der Gesellschaft,
und nicht jede soziale Innovation, die gemeinschaftlich aus der Mitte
der Gesellschaft wächst, bleibt ihr langfristig erhalten.
Wo materielle oder immaterielle Güter produziert werden, sind auch
Kommerzialisierung, Ökonomisierung und Vermarktlichung nicht weit. Die
Marktlogik droht in Bereiche einzudringen, die bislang solidarisch oder
privat organisiert sind, Wirkungen sozialer Innovation werden
kommerzialisiert oder gemeinschaftlich organisierte Leitungen in den
freien Markt verschoben. Das betrifft zum Beispiel herkömmliche
Leistungen des Sozialstaats, wie etwa Pflege oder Bildung. Wenn die
Altenpflege von der Zivilgesellschaft gemeinschaftlich organisiert
wird, kann der Staat sich aus der Verantwortung stehlen. Wird ein
öffentliches Schulgebäude über ein alternatives Finanzierungsmodell
renoviert, dürfen die Sponsoren dann Einfluss nehmen auf die Auswahl
der Lehrpersonen oder den Unterrichtsinhalt?
Geldfluss bremst Idee aus
Die Vernetzung über das Internet ermöglicht es, gesellschaftliche
Fragestellungen wie Mobilität oder Wohnen auf neue Art und Weise
anzugehen. Menschen teilen Zeit, Geld und Dinge, um Synergien zu nutzen
und Ressourcen zu sparen. Soweit der Idealfall. Sobald Geld im Spiel
ist, verändern sich die Spielregeln. Das Beherbergungsportal Airbnb
etwa ermöglicht, das WG-Zimmer oder die eigene Wohnung während des
Wochenendtrips zu vermieten. Dieser Grundgedanke verflüchtigt sich
zunehmend. Heute bieten mehr und mehr professionelle Anbieter
Ferienwohnungen an. Damit verknappen und verteuern sie das
Wohnungsangebot für die lokale Bevölkerung. Das System wird
pervertiert.
Bei sozialer Innovation geht es nicht um ein krampfhaftes Streben nach
dem immer oder vermeintlich Neuen. Im Zentrum steht das Teilen und
Miteinander, um einen Beitrag an das grosse Ganze zu leisten. Mit den
passenden Rahmenbedingungen, nahe an den Menschen und deren
Bedürfnissen, machen soziale Innovationen Ideen fruchtbar und bringen
inspirierende Initiativen hervor.
Mehr Informationen finden Sie in unserem Web-Dossier «Soziale Innovation in den Alpen»