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Standpunkt: Saisonarbeit in den Alpen neu denken

26.01.2023 / Chloé Billod und Claire Belet, ADRETS
Schlechte Arbeitsbedingungen, Corona-Pandemie und Klimakrise: Dem Tourismus in den Alpen gehen die Arbeitskräfte aus, viele wenden sich anderen Branchen zu. Nun geht es darum, Saisonarbeit neu zu denken. Dazu zählen Mehrfachbeschäftigung und ganzjähriges Leben in Tourismusorten, sagen Chloé Billod und Claire Belet. Sie sind Projektleiterinnen bei ADRETS, einer Mitgliedsorganisation von CIPRA Frankreich.
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Chloé Billod und Claire Belet sind Projektleiterinnen bei ADRETS, einer Mitgliedsorganisation von CIPRA Frankreich. © ADRETS

In den französischen Alpen und darüber hinaus stellen sich viele touristische Regionen zu Winterbeginn dieselben Fragen: Kommen genügend Saisonarbeiter:innen und ausreichend Schnee? Während der Wintersaison arbeiten fast 300’000 Saisonarbeitskräfte in den Bereichen Hotellerie, Gastronomie, Tourismus, Verkauf, Skilifte. Seit einigen Jahren wird es immer schwieriger Mitarbeitende zu finden. Sie sind verunsichert durch teils unattraktive Arbeitsbedingungen, schwierige Wohnungssuche in Skiorten, die Reform der Arbeitslosenversicherung und durch den Klimawandel.

Als Verein setzen wir uns für die Entwicklung öffentlicher Dienstleistungen ein und unterstützen Tourismusregionen dabei, die bestmöglichen Bedingungen für Saisonarbeitskräfte zu schaffen. Im Oktober 2022 haben wir eine Konferenz zum Thema «Handeln für die Saisonbeschäftigung» organisiert. Dort diskutierten wir, wie man Saisonberufe attraktiver und berufliche Laufbahnen in diesem Bereich absichern könnte. Die rund 100 Teilnehmenden erarbeiteten zahlreiche Lösungsansätze, doch in einem Punkt waren sich alle einig: Wir müssen die Attraktivität von Saisonberufen vor allem für junge Menschen wieder steigern, um Bergregionen zu erleben und zu beleben.

Hier sind mehrere Massnahmen von zentraler Bedeutung: Eine Kommunikationskampagne zum Thema, die Aufwertung mehrfach qualifizierter Berufswege sowie die Förderung des Austauschs zwischen den Akteuren. Bildungseinrichtungen, Arbeitsmarktservice, Förderstellen und Behörden müssen auf diese Zielgruppe ausgerichtete Massnahmen entflechten. Die Tourismusbranche braucht Planungssicherheit und Unterstützung bei der Aufnahme und Arbeitsplatzssicherung von Beschäftigten. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass Saisonarbeit auch ein ganzjähriges Leben in Bergregionen ermöglicht – insbesondere durch die Förderung von Mehrfachbeschäftigung. Nur so können wir den Betrieb von Schulen, Geschäften und andere Dienstleistungen sichern.

Innovationen wie modulare Ausbildungsangebote, Co-Working und Begegnungsmöglichkeiten vor Ort werten die Saisonarbeit und Mehrbeschäftigung im Alpenraum auf. Sie könnten trotz der örtlich beschränkten Mobilität sozialer Isolation vorbeugen und im Einklang mit den sich wandelnden Aktivitäten in den Bergen stehen. Vielversprechende Massnahmen sind die Ausbildung «Passeport Compétences Montagne» zur Mehrfachbeschäftigung in den Bergen durch die AFRAT im Vercors-Gebirge, die Einstellung mit unbefristetem Vertrag bei verschiedenen Arbeitgebern über mehrere Saisonen durch die Arbeitgebervereinigung «GEIQ Multipole Savoie» oder Initiativen wie der «Massive Online Open Course (MOOC)» für Tourismus.

Die grösste Hürde für den Zugang zum Arbeitsmarkt in einem Wintertourismusort ist oft die Wohnungssuche. Um hier Lösungen zu finden, legen wir dieses Jahr unseren Arbeitsschwerpunkt auf das Leben und Wohnen in den Bergen. Alle regionalen Akteure – von der Politik über Arbeitgeber, Vereine bis hin zu den Einwohner:innen – müssen nun gemeinsam daran arbeiten, dass ganzjähriges Leben in den Bergen möglich wird.