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Standpunkt: Der Erhalt alpiner Landschaft ist entscheidend für deren Entwicklung

14.07.2021 / Katarina Žakelj, CIPRA Slowenien
Immer mehr Infrastruktur erschliesst die Berggebiete, sogar der slowenische Triglav-Nationalpark ist davon bedroht. Dort wurde ein Vorschlag zur Elektrifizierung der Kredarica, Sloweniens höchstgelegener Schutzhütte, bekannt. Ein solcher Eingriff würde grossflächige Bauarbeiten mitten im Nationalpark bedeuten. Katarina Žakelj, Geschäftsleiterin von CIPRA Slowenien, fordert nachhaltigere Antworten auf die wachsende Zahl von Besucher:innen in den Bergen.
Bild Legende:
Katarina Žakelj, Geschäftsleiterin von CIPRA Slowenien. (c) Nejc Kavka

Bisher war ich der Überzeugung, dass die Berge hauptsächlich von Menschen besucht werden, die eine Pause von den Mühen des Alltags brauchen, ihre Gedanken in der Stille sortieren wollen, neue Perspektiven gewinnen und die Schönheit der Natur geniessen möchten. Doch durchschnittliche Bergsteiger:innen von heute treibt immer häufiger die Jagd nach immer neuen Fotomotiven in die Höhe.

Schleichend weichen Bescheidenheit und Respekt vor der Natur, in der wir nur flüchtige Gäste sein sollten, urbanen Vorstellungen und Normen. Hüttenbesucher:innen von heute erwarten nicht nur eine Unterkunft, sondern auch Dienstleistungen. Sie fragen nicht nach dem Wasserverbrauch, der benötigten Energie, der Verkehrsbelastung durch die Anreise, der Abwasserentsorgung oder nach dem hinterlassenen Müll. Diese Entwicklung schlägt sich auch in der slowenischen Tourismusstrategie nieder, in der es heisst: «Neue, schnell wachsende Verbrauchersegmente sind auf dem Vormarsch und verändern die Art und Weise, wie Menschen reisen und Reiseziele erleben». 

Ende 2020 sickerten Informationen über ein Projekt durch, das die Berglandschaft noch mehr unter Druck setzen würde: Die slowenische Umweltagentur plante die Elektrifizierung der Kredarica-Schutzhütte. Unterhalb des Triglav-Gipfels gelegen, werden dort in 2´515 Metern Höhe seit mehr als 60 Jahren meteorologische Beobachtungen durchgeführt. Die Stromversorgung kommt derzeit von einem Dieselgenerator, Sonnenkollektoren und Windturbinen.

Das Verlegen unterirdischer Leitungen würde einen schwerwiegenden Eingriff in diesem geschützten, fragilen Berggebiet bedeuten. Die geplante Stromtrasse würde ein Natura-2000-Gebiet und geschützte Wälder in den Julischen Alpen beeinträchtigen. Angesichts ohnehin steigender Besucher:innenzahlen würde eine Elektrifizierung der Schutzhütte  wohl die Saison verlängern – und damit auch den Druck auf die ohnehin gefährdete Bergwelt verstärken. Für die Slowen:innen ist der Triglav ein Berg, der untrennbar mit ihrer Identität verbunden ist. Er hat eine grosse symbolische Bedeutung, denn seine Silhouette ziert die slowenische Nationalflagge. Entscheidet man sich, ins Triglav-Gebirge einzugreifen, muss man auch die Bedeutung dieses Berggebiets berücksichtigen.

Die Pläne zur Elektrifizierung der Kredarica-Schutzhütte sind derzeit zwar ausgesetzt, aber nicht aufgegeben. Dennoch dienen sie als Weckruf, die Zukunft unserer Berge koordinierter und vor allem nachhaltiger zu planen. CIPRA Slowenien hat deshalb eine Veranstaltungsreihe organisiert, in der sie gemeinsam mit jungen Menschen und Expert:innen gemeinsam übers Bergsteigen, nachhaltigen Tourismus und die Tragfähigkeit alpiner Landschaften nachdenkt. So steht auch die Aktion «Feuer in den Alpen» dieses Jahr im Zeichen der Zukunft unserer Berge. Wie wichtig unerschlossene Landschaften für das Allgemeinwohl und die Natur in den Alpen sind, unterstreicht auch ein Positionspapier zu alpiner Landschaft, das die CIPRA-Vertretungen aller Alpenländer gemeinsam erarbeitet haben. Die exzessive und alles andere als nachhaltige Übererschliessung der Alpen muss aufhören – und zwar jetzt.