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Riedberger Horn Bürgerbefragung ohne Rechtsbindung

20.09.2016
Die Bürger von Balderschwang und Obermaiselstein waren am Sonntag, 18.09.2016 aufgerufen, in einer Bürgerbefragung ihre Meinung zum Bau der der Verbindungsbahn zwischen den beiden Skigebieten am Riedberger Horn zu äußern. Für den Zusammenschluss stimmten in Obermaiselstein 68,3 %, in Balderschwang 85%. Sollte die bayerische Staatsregierung nun tatsächlich den Alpenplan ändern, so nimmt sie das Votum von 0,001 % der bayrischen Bürger zum Anlass, ein landesweit gültiges Gesetz zu ändern.
Bild Legende:
Bild: DAV

Nach dem Bürgervotum ist die Staatsregierung wieder am Zug. Sie steht in der Pflicht, geltendes bayerisches, nationales und europäisches Recht einzuhalten und umzusetzen. Das steht den Erschließungsplänen am Riedberger Horn allerdings diametral entgegen.Weder die Bürgerbefragung noch ein Neuziehen der Grenzlinien der Zone C des Alpenplans ändern etwas daran. Spätestens vor Gericht ist also mit einer Ablehnung des Vorhabens zu rechen.

Die Bürgerbefragung ist darüber hinaus gar nicht so eindeutig, wie behauptet wird. Denn wenn man sich die Wahlbeteiligung ansieht, dann haben von 1092 Stimmberechtigten nur  560 mit Ja“ gestimmt, das sind  51,28 %. Alle anderen haben sich NICHT für den Zusammenschluss ausgesprochen.

Im Detail:

Obermaiselstein: 829 Stimmberechtigte, davon 413 Ja = 49,82 %
Balderschwang: 263 Stimmberechtigte, davon 173 ja = 55,89 %

CIPRA Deutschland sieht die Pläne am Riedberger Horn seit langemsehr kritisch. Die nachhaltige Entwicklung der bayrischen Alpen ist uns dabei ebenso wichtig wie es viele Bürger von Balderschwang und Obermaiselstein in der jüngsten Vergangenheit zum Ausdruck gebracht haben. Viele Menschen - auch vor Ort - haben Fragen, die im Folgenden beantworten werden, um eine ausgewogene Auseinandersetzung mit dem Thema zu ermöglichen.

 

Wird die Bürgerbefragung eine Lösung der kontroversen Diskussion um das Riedberger Horn bieten?  

Den Gemeinden wurde zunächst zugesagt, dass der Bau einer Verbindungsbahn möglich sein wird, wenn die Schutzzone C des Alpenplans nur randlich berührt wird. Mit einer Änderung des Flächennutzungsplans sei das machbar. – Das war eine Fehlinformation. Dann wurde das Zielabweichungsverfahren vorgeschlagen. – Ebenfalls gescheitert. Nun hat Ihnen die Politik zu einer rechtlich unverbindlichen Bürgerbefragung geraten, mit ungewissem Ausgang. Fest steht, dass sie politisch dazu genutzt werden soll den Alpenplan aufzuweichen. Dabei ist auch die Ausgleichsmaßnahme am Wannenkopf laut Kabinettsbeschluss weiterhin aktuell, entgegen der Begründung zum Ratsbegehren. Damit werden Konflikte mit den Gemeinden Blaichach und Bolsterlang verschleiert in Kauf genommen. Außerdem wissen die Verantwortlichen im Grunde genau, dass Seilbahn und Pisten naturschutzrechtlich nicht zulässig sind. Die Umweltverbände würden gerne mit Ihnen gemeinsam den bislang sehr erfolgreichen Weg des naturnahen Tourismus weitergehen.

 

Welchen Sinn hat eine Bürgerbefragung?

Die Staatsregierung fragt nach einem Meinungsbild, anstatt ihrem gesetzlichen Auftrag nachzukommen. Denn die Befragung hat keine rechtliche Verbindlichkeit. Selbst bei einem positiven Votum ist spätestens vor Gericht mit einer Ablehnung zu rechnen, da unter anderem die negativen Stellungnahmen des Umweltministeriums weiterhin Bestand haben werden.

Wie ist die Finanzierung für dieses Projekt gesichert?
Die Kosten wurden auf 13 Mio. Euro geschätzt, wovon 3,9 Mio. Euro durch Fördermittel des Freistaates in Aussicht gestellt sein sollen. Nach der aktuellen Seilbahnförderrichtlinie ist das Projekt allerdings nicht förderfähig, da die Richtlinie nur die Modernisierung oder Erneuerung bestehender Anlagen umfasst, nicht jedoch einen Neubau wie er am Riedberger Horn geplant ist. Unabhängig von einer Förderung wird das Projekt zu hohen Investitionen und damit zu Schulden der Gemeinden führen. Und das bei einer aktuellen Haushaltslage, in der sich Balderschwang selbst ein neues Spurgerät für die Langlaufloipen nicht leisten kann.

 

Mit welchen landschaftlichen Auswirkungen ist zu rechnen?

Sechs bis sieben Hektar Bergwald müssen gerodet werden. Dem steht in jedem Fall der Bergwaldbeschluss des Landtages entgegen, außerdem müssen sie durch Aufforstung an anderer Stelle ausgeglichen werden. Welche Alpflächen werden dafür preisgegeben? Andere Folgemaßnahmen sind die Beschneiungseinrichtungen, insbesondere die Speicherbecken sowie auffällige Gipfelstationen mit Nebeneinrichtungen an der Verbindungsbahn und an einer neuen Hörnlebahn. Im Tal und auf dem Pass muss mit einer deutlichen Zunahme des Verkehrs gerechnet werden, was – neben Lärm- und Abgasbelastung – zusätzliche Parkplätze in Balderschwang und Grasgehren bedeuten wird. Deren Größe und Lage ist bisher unbekannt.

 

Wie ist die überregionale Wahrnehmung der Auseinandersetzung um die Skischaukel?

Seit Monaten berichten überregionale Medien größtenteils kritisch über die geplante Skiverbindung. Letztendlich besteht die Gefahr, dass das touristische Image der Hörnerdörfer langfristig Schaden nimmt. Dadurch würde die bisher äußerst positive Wahrnehmung der Gemeinden bezüglich ihrem Engagement im Naturpark Nagelfluhkette aufs Spiel gesetzt.

 

Warum lehnen die Umwelt- und Alpinverbände die Skiverbindung so vehement ab?

Es ist die Aufgabe und Pflicht der Umweltverbände, sich für die Einhaltung von bayerischen und europäischen Umwelt- und Raumordnungsregeln einzusetzen. Der bayrische Alpenplan hat sich hier seit über 40 Jahren bewährt, um unterschiedliche Nutzungsinteressen vorausschauend und sorgfältig abzuwägen. Wir setzen uns dafür ein, dass dieses alpenweit einzigartige Planungsinstrument erhalten bleibt und das Riedberger Horn kein Präzedenzfall wird. Zudem verläuft die geplante Piste durch ein geologisches Risikogebiet in Bezug auf tiefgreif-ende Rutschungen. Die ständigen, aufwändigen Bauarbeiten am Riedbergpass sind ein Beleg für die hohe Erosionsgefahr im gesamten Gebiet. Und wir fürchten um den bayernweit wichtig-sten Birkhuhnbestand.

 

Natur und Tourismus – geht das zusammen?

Ja, selbstverständlich. Nirgendwo in den bayerischen Alpen klappt das besser wie in Balder-schwang und Obermaiselstein. Die Nächtigungszahlen sind seit 1982 deutlich gestiegen, während sie beispielsweise in Oberstdorf und Ofterschwang – beides Orte mit hohen Investitionen in den Skisport – gesunken sind. Das Riedberger Horn ist ein Naturjuwel für Wanderer, Skitouristen und Naturliebhaber. Wir, die Umwelt- und Alpinverbände, möchten Sie, die Gemeinden und die Betriebe, auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung der Region unterstützen.

 

abgelegt unter: Umweltpolitik