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Klimakrise lässt Berge bröckeln

04.10.2021 / Michael Gams, CIPRA International
Steinschläge und Felsstürze sind in den Alpen zwar nichts Neues, doch schwindender Permafrost verschärft die Situation zusätzlich – beim Bergsteigen und in Dörfern.
Bild Legende:
Die Felswände der Zugspitze: In wenigen Jahrzehnten wird hier der Permafrost verschwinden.

Eine Drohne schwebt vor den Felswänden der Zugspitze, Deutschlands höchstem Gipfel, doch statt schöner Panoramabilder liefert ihre Wärmebildkamera exakte Informationen zum Zustand des Permafrosts. Dabei handelt es sich um Eis, welches das Gestein zusammenkittet. Weil der Klimawandel die Frostgrenze immer höher nach oben treibt, schmilzt dieser Kitt nun – auf der Zugspitze wird der Permafrost binnen Jahrzehnten vollständig verschwinden. Die Wärmebilder der Drohne sollen in einem neuen Forschungsprojekt die permanenten bisherigen Messungen auf der Zugspitze ergänzen. Forscher:innen wollen dadurch die Gefahr von Felsstürzen, Hangrutschen oder Muren noch genauer abschätzen. Wanderwege könnten rechtzeitig gesperrt und im Extremfall Dörfer evakuiert werden.

Wenn der Berg kommt

Das Schweizer Bergdorf Kandersteg im Berner Oberland liegt unterhalb des 3‘600 Meter hohen Doldenhorns. Dort sind – vermutlich aufgrund des schmelzenden Permafrosts – 20 Millionen Kubikmeter Gestein in Bewegung. Sie würden zwar nicht direkt ins Dorf stürzen, aber mit grosser Wahrscheinlichkeit verheerende Murenabgänge auslösen. Schutzdämme und Vorwarnsysteme sollen Einheimische und Gäste in Kandersteg vor dem Schlimmsten bewahren. Erst 2017 waren vom Piz Cengalo an der italienisch-schweizerischen Grenze rund 3.1 Millionen Kubikmeter Fels abgestürzt – die dabei verursachte Mure reichte bis nach Bondo/CH und beschädigte mehrere Häuser. Für acht Menschen auf Wanderwegen kam jede Hilfe zu spät.

Bröselnde Wege, absackende Hütten

Vor zwei Jahren brach am Matterhorn eine Felsplatte unterhalb des Gipfels aus und riss zwei Männer mit in den Tod. Die Ursache: schmelzender Permafrost. Nun wird darüber diskutiert, die Route zu schliessen – oder sogar den ganzen Berg. In Österreich musste der Gamsgrubenweg zur Pasterze, dem längsten Gletscher der Ostalpen, bereits Anfang des Jahrtausends aufgrund Steinschlaggefahr in Tunnels verlegt werden. In den Ötztaler Alpen/A wurde das Hochwildehaus aufgegeben, weil sein Permafrost-Fundament aufgetaut war und absackte. Mit immer mehr Aufwand müssen alpine Vereine die Wege und Hütten sichern – oder vor der Naturgewalt kapitulieren.

 

Quellen und weiterführende Informationen:

www.br.de/nachrichten/bayern/drohne-ueberwacht-permafrost-rueckgang-auf-der-zugspitze,Sfnitwk (de), www.republik.ch/2021/09/10/dieser-berg-rutscht-und-koennte-ein-ganzes-dorf-ausloeschen (de),  www.bluehendesoesterreich.at/naturmagazin/permafrost-eisiger-klebstoff-der-berge (de), www.spiegel.de/sport/klimawandel-setzt-matterhorn-und-co-zu-wenn-berge-zerbroeseln-a-b79941a6-ccd0-4632-9e1b-9b627bb6551a (de) https://www.br.de/nachrichten/bayern/felssturz-mit-ansage-das-alpsenserely-projekt,SjdfI5i (de), www.deutschlandfunkkultur.de/klimawandel-und-bergsteigen-wenn-die-gletscher-schwinden.966.de.html?dram:article_id=408865 (de) www.welt.de/regionales/bayern/article167734560/Bis-2080-koennte-der-Permafrost-verschwunden-sein.html (de)