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Irrwege und Auswege der Wasserkraft

11.06.2014 / alpMedia
An den Alpenflüssen entstehen zahlreiche neue Kraftwerke. Warum es in Österreich für die Energiewende gar nicht so viele bräuchte, ein Nein zum Kraftwerk am grössten Wasserfall Europas nicht über die Zerstörung der letzten intakten Gewässer hinwegtäuschen darf, und ein Megaprojekt in Frankreich gut für die Umwelt ist.
Bild Legende:
Kein Kraftwerk am Rheinfall: Das Naturdenkmal bleibt erhalten. © Karin Viva, flickr

Die 23 Meter Fallhöhe des Rheinfalls bei Schaffhausen/CH hätten Energieunternehmen gerne für ein neues Kraftwerk genutzt. Dabei ist der Rheinfall der grösste Wasserfall Europas und ein «Naturdenkmal von nationaler Bedeutung». Er ist Teil einer der ökologisch und landschaftlich wertvollsten Abschnitte des Rheins. Mitte Mai 2014 haben sich die BürgerInnen des Kantons Schaffhausen mit beinahe 60 Prozent für den Schutz des Naturdenkmals ausgesprochen. Umweltorganisationen hatten im Vorfeld davor gewarnt, dass im Winter aufgrund des Kraftwerks nur mehr ein Bruchteil des Wassers über die Felsen stürzen würde. «Das klare Resultat zeigt, dass die Bevölkerung nicht gewillt ist, die wertvollsten Naturjuwelen einer kurzsichtigen Energiepolitik zu opfern», meint Stefan Kunz, Geschäftsführer der Gewässerschutzorganisation Aqua Viva. Es sei zu hoffen, dass dieser Entscheid mithelfe, die zahlreichen Wasserkraftvorhaben in landschaftlichen und ökologischen Hotspot-Gebieten zu verhindern.

Österreich: Viele Kraftwerke in sensiblen Gebieten

Besonders wertvolle Flussabschnitte sollen auch in Österreich der Energiegewinnung geopfert werden. Der Umweltdachverband hat nachgezählt: 88 Vorhaben befinden sich derzeit im Bau oder wurden gerade fertiggestellt. Von den zusätzlich geplanten 212 Kraftwerken sollen 52 Prozent in sehr sensiblen Gebieten zu stehen kommen, namentlich in Natura-2000-Gebieten und an Gewässerstrecken in sehr gutem ökologischem Zustand.

Von den insgesamt 300 geplanten bzw. bereits realisierten Vorhaben sind gerade einmal 16 Prozent Verbesserungen von bestehenden Anlagen. 253 sind Neubauten.

Eine weitere Zahl, die aufhorchen lässt: 43 der 212 geplanten Kraftwerke sollen an Standorten entstehen, an denen die Gewässer laut offizieller Vorgabe eigentlich geschützt und aufgewertet werden sollen. «Allein die Ausbauwünsche an den letzten weitgehend intakten Flussabschnitten übersteigen die im Nationalen Aktionsplan für Erneuerbare Energien als realistisch eingestufte Ausbaugrösse um beinahe das Doppelte», so Barbara Goby vom Umweltdachverband.

Rhône-Alpes: neues Kraftwerk ersetzt sechs alte

Im Romanche-Tal bei Grenoble versperren fünf Staumauern und sechs Kraftwerke den gleichnamigen Fluss. Nun baut der französische Stromkonzern EDF fünf der rund 60 Jahre alten Kraftwerke ab und ersetzt sie durch ein einziges unterirdisches Laufkraftwerk. Nach seiner Fertigstellung 2017 ist es das grösste Kraftwerk Frankreichs und produziert 30 Prozent mehr Strom als die sechs bisherigen zusammen. Mit dem 250 Millionen Euro teuren Neu- und Umbau wird zugleich das Wandern für Pflanzen und Tiere erleichtert, der betroffene Flussabschnitt renaturiert und die Restwassermenge erhöht. «Dieses Projekt zeigt, wie bereits bestehende Standorte besser genutzt werden können, mit Vorteil sowohl für die Umwelt als auch die Energieproduktion», so die Weltnaturschutzorganisation IUCN in einem Bericht.

Quelle und weitere Informationen: http://www.aquaviva.ch/aktuell/news/392-mitgliederversammlung-wwgnein, http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/Das-Spektakel-am-Rheinfall-koennte-der-Energiewende-zum-Opfer-fallen-/story/22120051, http://www.umweltdachverband.at/themen/wasser/wasserkraft/uwd-wasserkraftwerksliste/, http://www.afgc-ra.fr/sites/default/files/Dossier%20de%20Presse_EDF-CIH_RG_2013.pdf (fr), http://www.uicn.fr/IMG/pdf/Les_Montagnes_et_la_transition_energetique_-_bd.pdf (fr)