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Standpunkt: Die Geister der Unesco loswerden
Vor zehn Jahren hat das Welterbe-Komitee neun Teilgebiete der Dolomiten in den Status eines Weltnaturerbes erhoben. Doch nun verliert sogar das Tourismusmarketing dieser Welterbe-Region die Kontrolle über jene Geister, die es selbst gerufen hat. Was es an solchen Orten braucht, sind glaubwürdige Strategien für den Erhalt ihrer Einzigartigkeit, nach denen sich auch der Tourismus zu richten hat.
Die Auflagen zum Schutz und Erhalt der Integrität der laut Unesco «einzigartigen universellen Werte» der Dolomiten geraten mehr und mehr ins Hintertreffen. Am Pragser Wildsee im oberen Pustertal/I hat man die Geister nicht mehr im Griff. Der Instagram-Hype um den See, eine italienische TV-Serie und die UNESCO-Adelung haben ihn vom Geheimtipp zum völlig überlaufenen Tourismusmagnet gemacht, auf dessen schmaler Zufahrtsstrasse der Verkehr regelmässig kollabiert. Andernorts rüstet man sich mit Zäunen und Drehkreuzen, um fotohungrige Touristengruppen möglichst geordnet abzufertigen, wie bei der unscheinbaren Ranui-Kirche in Villnöss/I. Die einzigartige Landschaft rund um die Dolomitenpässe wird von Verkehrslärm dauerbeschallt. Den Staus auf den Strassen begegnet man mit absurden Ideen wie Mautgebühren und Strassensperren für Events am Berg. Wie zum Trotz wollen Touristiker das Weltnaturerbe weiterhin inszenieren: Mit einem Glasturm am Berg und anderem Blingbling.
Wenn dies der Ausblick auf die kommenden zehn Jahre Dolomiten-Weltnaturerbe ist, kann ich nur sagen: Nein, danke! Auf diese Art der Aufwertung durch den Unesco-Titel können wir gerne verzichten. Ein wenig Kosmetik und gute Absichten werden zu wenig sein, um die selbst gerufenen Geister des Massentourismus wieder los zu werden. Eine Unesco-Auszeichnung verpflichtet zum Schutz und Erhalt dieser aussergewöhnlichen Orte und Landschaften. Die mautpflichtige Grossglockner-Hochalpenstrasse zum Welterbe zu ernennen, damit sie noch häufiger befahren wird, ist der falsche Weg.