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Alpine Gefahren nehmen zu

29.09.2022 / Maya Mathias, CIPRA International
Wanderungen und Bergtouren in den Alpen werden immer gefährlicher. Warum das nicht nur mit der Klimakrise zusammenhängt, zeigt ein Blick in die Unfallstatistiken der Alpenländer.
Bild Legende:
Fehlende alpine Kenntnisse und instabile Berghänge führen zu mehr Unfällen in den Alpen. © Wikimedia.org

Erschöpft und überfordert: Im Juni 2022 gerieten im Kleinwalsertal/A rund 100 Schüler:innen aus Deutschland in Bergnot und mussten per Hubschrauber gerettet werden. Die im Internet als «Feierabendrunde» beschriebene Wanderung stellte sich als schmaler und ausgesetzter Berggrat mit Kletterpassagen heraus. Immer mehr Menschen geraten beim Wandern in Bergnot. Laut Schweizer Alpenclub (SAC) half die Bergrettung 2021 rund 1500 Bergwander:innen, 68 verunglückten tödlich – so viele wie nie zuvor. Der gleiche Trend zeigt sich auch in Italien, Österreich und Frankreich, dort stiegen die Unfallzahlen im Sommer 2021 im Vergleich zum Mittelwert der letzten Jahre. Alle Rettungsorganisation der Länder führen dies teilweise darauf zurück, dass seit Corona vor allem im Sommer mehr Menschen in die Berge gehen.

Überschätzte Fitness

Auch in den Bayerischen Alpen nehmen Bergunfälle ebenfalls zu. Im Gegensatz dazu verzeichnet der Deutsche Alpenverein (DAV) unter seinen Mitgliedern immer weniger Unglücke. Ein Grund für diesen Widerspruch könnte sein, dass seit Corona immer mehr Menschen ohne alpine Kenntnisse in die Berge gehen. Eine Befragung der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Schweiz kam 2021 zu dem Ergebnis, dass viele Wander:innen ihre eigene Fitness und Trittsicherheit überschätzen, sich den Gefahren am Berg nicht bewusst sind und deshalb zu anspruchsvolle Routen wählen. Auch die Nationale Ski- und Bergsteigerschule in Frankreich führt die Zunahme an Wanderunfällen um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr unter anderem darauf zurück, dass viele Berggänger:innen schlecht informiert, vorbereitet und ausgerüstet seien. Aber auch die Klimakrise macht die Berge gefährlicher.

Rekordhitze lässt Gletscher schmelzen

2022 war der heisseste Sommer in Europa seit dem Jahr 1880. Anfang Juli löste ein Gletscherabbruch an der Marmolata in den italienischen Dolomiten eine Eis- und Steinlawine aus, die 11 Menschen das Leben kostete. Plustemperaturen auf 3.000 Metern Höhe, Saharastaub, eine bereits geschmolzene Schneeschicht und somit blankes Gletschereis führten zu einer enormen Schnee- und Eisschmelze, die den Gletscher wahrscheinlich destabilisierten.

Massive Schneeschmelze, offene Gletscherspalten und drohende Steinschläge machten in diesem Sommer zudem viele der höchsten Gipfel in den Alpen unbegehbar. Aufstiege auf den Piz Buin/A/CH, Zugspitze/D, Mont Blanc/F/I oder Matterhorn/I/CH waren zeitweise so gefährlich, dass die Verantwortlichen Hütten sperrten und Bergführer:innen Touren absagten. Häufigere Hitzeperioden im Sommer und weniger Schnee im Winter: Die Klimakrise macht Katastrophen wie an der Marmolata und Gefahren durch Eisschmelze und Steinschlag in der Zukunft noch wahrscheinlicher und den Bergsport deutlich risikoreicher.