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Für eine Energievision Alpen - Ein Paradigmenwechsel ist angesagt

04.11.2009 / Wolfgang Pfefferkorn
Wenn wir die Klimaerwärmung auf ein erträgliches Mass reduzieren wollen, müssen wir uns bis 2050 fast vollständig von der Fossilenergie verabschieden. An einer massiven Verringerung des Energieverbrauchs, einer Erhöhung der Energieeffizienz und einem Ausbau der erneuerbaren Energieträger führt kein Weg vorbei.
Solarenergie
Bild Legende:
Ein neues Landschaftselement: Solarenergie ist im Vormarsch © Rainer Sturm/Pixelio
Der Einsatz von fossilen Energieträgern wie Öl, Gas oder Kohle ist eine der Hauptursachen des hausgemachten Klimawandels. In den Alpen hat sich der Energieeinsatz seit 1970 fast verdoppelt. Damit trägt der Alpenraum kräftig zum Treibhauseffekt bei.
Der Zuwachs wurde vor allem von den CO2-sparsamen Energieträgern Erdgas, Elektrizität, Biomasse und Fernwärme getragen. Dies führte zu einer "relativen Entkoppelung" des Energieverbrauchs vom CO2-Ausstoss: Pro Einheit verwendeter Energie wird heute weniger CO2 ausgestossen als in den 1970er Jahren. Diese Effizienzsteigerung wurde aber durch die Zunahme des Energieverbrauchs mehr als kompensiert. Damit die Energievision Alpen Wirklichkeit werden kann, genügt es heute nicht mehr, das Energiesystem effizienter zu machen (siehe Kasten). Wir müssen unseren tatsächlichen Konsum an Energiedienstleistungen reduzieren!

Unerwünschte Nebenwirkungen
Um unseren Energiehaushalt ins Lot zu bringen und langfristig abzusichern, müssen wir nicht nur die Energieeffizienz steigern und unseren Konsum einschränken, sondern auch auf erneuerbare Energien umsteigen. Im Alpenraum bestehen Potenziale für Wasser- und Windkraft, Solarenergie und Biomasse. Ihre Nutzung erzeugt positive Beschäftigungseffekte, denn die Wertschöpfung bleibt in der Region. Ausserdem verringern sie die Abhängigkeit von politisch riskanten Importen und erhöhen damit die Versorgungssicherheit.
Aber auch erneuerbare Energieträger wie Biomasse, Wasser- oder Windkraft können erhebliche negative Auswirkungen auf Ökosysteme und Landschaftsbild haben: Energiewälder, die bei der Verwertung ebenfalls CO2 produzieren, werden in Intensivkultur angebaut, Fische können wegen Flusssperren nicht mehr flussaufwärts wandern und ablaichen, Zugvögel werden durch Windkraftanlagen auf ihren Durchzugsrouten gestört. Der Ausbau von erneuerbaren Energien "auf Teufel komm raus" ist also keine Lösung. Es braucht standortangepasste Lösungen und eine strenge Prüfung der ökologischen und sozialen Verträglichkeit.

Energie von nebenan
Da erneuerbare Energien in der Regel dezentral anfallen, muss dieser Umstieg mit einer Dezentralisierung der Energieversorgung einhergehen. Dies erfordert einen Paradigmenwechsel sowohl bei der Energiebereitstellung als auch bei der Energieversorgung: Kleine Produktionseinheiten, regional organisiert und geführt, lösen die heutigen nationalen Versorgungsgesellschaften und internationalen Konzerne ab; Verantwortlichkeiten und Entscheidungskompetenzen werden in die Regionen delegiert.
Doch der Umbau des Energiesektors alleine genügt nicht, um die Klimavision Alpen zu realisieren. Es braucht flankierende Massnahmen. Wir müssen mittels einer sozial-ökologischen Steuerreform jene Prozesse der industriellen Produktion höher besteuern, die viele endliche Ressourcen verbrauchen und Klimaschäden verursachen. Der Faktor Arbeit hingegen soll geringer besteuert werden als heute. Wir müssen Raumstrukturen schaffen, die verkehrs- und damit energiesparend sind. Nicht zuletzt aber dürfen wir unsere Lebensqualität nicht mehr am rein quantitativen ökonomischen Wachstum messen. Ohne intakte Umwelt, ohne soziale Gerechtigkeit und ohne Wahlfreiheit machen uns nämlich auch die besten Wachstumsprognosen keine Freude.


Wie vorgehen für eine Energievision Alpen?

Die CIPRA hat die Ergebnisse des Klimaprojektes cc.alps nach Themen gegliedert als Hintergrundberichte in kompakter Form aufbereitet. Das CIPRA compact Energie zeigt auf, wie eine Energievision Alpen verwirklicht werden kann, und welche ersten Schritte für einen Umstieg auf ein klimaneutrales und nachhaltiges Energiesystem nötig sind. Konkrete Beispiele, die in die gewünschte Richtung zielen, runden das compact ab, wie etwa die nachhaltige Energieversorgung im Achental/D, das Fernheizwerk im Südtiroler Toblach/I oder eine Energieschule in Oberbayern/D.
www.cipra.org/cc.alps-compacts