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Medienmitteilung

Mit vereinten Kräften die letzten Gletscher retten

06.09.2023
Auf dem Ochsentaler Gletscher in Österreich traf die fünfte Etappe der internationalen Gletscherkarawane aus Italien junge Menschen des Erasmus+Projekts «Alpine Climate Camps». Gemeinsam appellieren sie für mehr Klimaschutz.
Bild Legende:
Die Klimakarawane vom Projekt "Alpine Climate Camps" treffen auf dem Ochsentaler Gletscher die Gletscherkarawane aus Italien. © DAV

Alpengletscher schmelzen so stark wie nie

Wie die italienischen Alpengletscher sind auch die österreichischen Gletscher in den letzten zwei Jahrzehnten so stark geschrumpft, dass Experten und Expertinnen spekulieren, dass sie bis zum Ende des 21. Jahrhundert erheblich schrumpfen oder ganz verschwinden könnten. Nach Angaben des Österreichischen Alpenvereins haben die Gletscher in den österreichischen Alpen im Jahr 2022 eine Rekordschmelze erreicht und im Durchschnitt etwa 29 Meter an Länge verloren, was dem 2,6-fachen des Rückgangs von 2021 entspricht. Aufgrund dieser Vorhersagen stehen die österreichischen Gletscher der Silvretta-Gruppe und insbesondere der Ochsentaler Gletscher, der seit 1850 um rund 2.400 Meter zurückgegangen ist, unter genauer Beobachtung der fünften Etappe der Gletscherkarawane (World Glaciers Monitory Service).[1]

Wettrennen um die Zukunft unseres Planeten

«Die Klimakrise kennt keine Grenzen, vor allem nicht, wenn es um die Alpengletscher – ihren wichtigsten Wächter – geht», sagt Vanda Bonardo, Leiterin von Alpe Legambiente und Präsidentin von CIPRA Italien. «Für die vierte Ausgabe der Gletscherkarawane sind wir zum ersten Mal über die Landesgrenzen hinausgegangen, nach Österreich und dann in die Schweiz. Dies war eine ehrgeizige Entscheidung, um den Zustand der schweizerischen und österreichischen Gletscher zu überprüfen, die ebenso wie die italienischen stark leiden und zunehmend von der Klimakrise betroffen sind. Deswegen leiten wir die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Governance ein, um unsere Gletscher zu retten und zu schützen. Es braucht eine ehrgeizigere Klimapolitik, die Massnahmen zur Abschwächung und zur Anpassung an den Klimawandel einführt und bewährten Praktiken, die in einigen Gebieten bereits angewandt werden. Es ist ein Wettrennen um die Zukunft unseres Planeten, das wir nur gemeinsam gewinnen können.»

«Schuttbedeckung, Verlust von Talzungen und aufsteigende Fronten», kommentiert Federico Cazorzi vom Italienischen Glaziologisches Komitee. «Das sind die Merkmale, welche die von der Gletscherkarawane beobachteten Gletscher in Italien mit denen in Österreich gemeinsam haben. Insbesondere der Ochsentaler Gletscher verliert durch den starken frontalen Rückzug seine Eigenschaft als Talgletscher.»

Junge radeln zum Ochsentaler Gletscher

Der Klima- und Gletscherschutz brachte das Team der Gletscherkarawane mit den jungen Erwachsenen des Erasmus+Projekts «Alpine Climate Camps» zusammen, das von CIPRA International, Südwind Vorarlberg und der Jugend des Deutschen Alpenvereins Baden-Württemberg organsiert wird. Die jungen Teilnehmer:innen fuhren mit dem Fahrrad vom Bodensee zum Ochsentaler Gletscher, um zu zeigen, dass klimaneutraler Bergsport möglich ist. Denn dieser ist oft mit zahlreichen Autofahrten zum Berg und dem Transport von Equipment verbunden.

Die jungen Radler:innen sind überzeugt: die Anreise mit eigener Muskelkraft und Gepäck auf dem Fahrrad dauert zwar länger, ermöglicht gleichzeitig aber Zeit an der frischen Luft und in der Natur sowie viele Erlebnisse, die man sonst nicht hätte. Deshalb wollen sie sich für einen bewussten und verantwortungsvollen Bergsport einsetzten, der nicht immer nach weiteren Extremen und Gipfeln strebt, sondern den ganzen Weg als Teil der Tour mitdenkt. Für Lena Holzapfel von der Jugend des Deutschen Alpenvereins Baden-Württemberg ist klar: «Lasst uns als Bergsport-Gemeinschaft gemeinsam an einem Umdenken hin zu einem naturverträglichen und klimabewussten Bergsport arbeiten.»

Die Ankunft beim Ochsentaler Gletscher beeindruckte alle, denn der Rückzug des weissen Riesens ist gewaltig und hinterlässt bei ihnen einen traurigen Beigeschmack. Eine Teilnehmerin fasst das Erlebnis so zusammen: «Auch wenn wir diesen Gletscher nicht mehr retten können, nehmen wir ihn als Symbol für den menschengemachten Klimawandel und unseren Einfluss auf unsere Ökosysteme mit nach Hause.»

 

Rückfragen sind zu richten an:
Maya Mathias, Kommunikationsmanagerin CIPRA International, [email protected]

 



[1] Generell ist die Gesamtfläche aller 49 Gletscher der Silvrettagruppe seit 1850 um 68 % von 40,94 km² auf 13,13 km² geschrumpft (Daten zusammengestellt von Andrea Fischer, Bernd Seiser, Martin Stocker-Waldhuber, Institut für interdisziplinäre Gebirgsforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Innsbruck, Österreich). Die drei grössten Gletscher dieser Gruppe – Ochsentaler, Vermunt und Jamtalferner – verzeichneten zwischen 2015 und 2020 einen durchschnittlichen Verlust der Eisdicke von 6 bis 7 Metern (Quelle: World Glaciers Monitory Service) und einen Rückgang von mehr als 2 km seit 1850.