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Nachhaltiges Hotelmanagement im Bergsteigerdorf Ramsau

01.03.2017
Im Herbst 2015 wurde der Ort Ramsau in Berchtesgaden als erster in Deutschland von DAV und ÖAV zum sogenannten Bergsteigerdorf gekürt. Die in dieser Initiative vereinten kleinen Tourismus-destinationen gelten als Alpinismuspioniere die beweisen, dass nachhaltiger Bergtourismus – fernab von großen Skizirkussen, ressourcenintensiven Events oder Après-Ski Partys – möglich ist. Mit der Auszeichnung wird nicht nur die bisherige positive Entwicklung der Ramsau gewürdigt, der Ort verpflichtete sich mit der Unterzeichnung der „Bergsteigerdorf-Deklaration“ auch in Zukunft eine nachhaltige Tourismus- und Kommunalpolitik im Sinne der Alpenkonvention zu verfolgen.
Bild Legende:
Bild: Hotel Rehlegg

Ein solches Bekenntnis ist ohne das aktive Engagement der Bevölkerung und privatwirtschaftlicher Akteure vor Ort nicht möglich. Ein wichtiger Akteur in der Gemeinde Ramsau ist das Berghotel Rehlegg das seit 100 Jahren im Besitz der Familie Lichtmannegger ist. Das größte Haus am Platz hat sich zu einem Vier-Sterne-Superior Hotel entwickelt. Die Skepsis im Ort gegenüber dem hochklassigeren Hotel und entsprechendem Klientel war zunächst groß. Durch den Prozess der Bewerbung zum Bergsteigerdorf wurde die jeher konsequent nachhaltige Ausrichtung des Hotels im Ort präsenter und beförderte ein vertieftes Bewusstsein für Nachhaltigkeit im ganzen Ort, das sich in einer breiten Akzeptanz des Vorreiters widerspiegelt.

Dabei spielte sicherlich die Verankerung in regionale Wirtschafts- und Naturkreisläufe eine wichtige Rolle. So werden der Großteil der Lebensmittel sowie die Reinigungsmittel soweit möglich aus der Region bezogen und ein intensiver Kontakt und Austausch mit den Lieferanten gepflegt. Dadurch wird den Produzenten die gebührende Wertschätzung entgegengebracht und es kann sichergestellt werden, dass die gleichen Werte und der gleiche Respekt gegenüber Umwelt und Tieren herrschen. In diesen engen Kontakten können sich dann auch Projekte wie die Züchtung nahezu ausgestorbener Nutztierrassen entwickeln, wie das schwarze Alpenschwein oder das alpine Steinschaf. Hinter dem Haus selbst werden Almwiesen mit Wildblumen und Kräutern gehegt. Das dient nicht nur der lokalen Artenvielfalt in Flora und Fauna, die Gäste profitieren durch feinen Honig und eine hauseigene Kosmetikserie – der Rehlegger Kräuterfee.

Auch energetisch ist das Berghotel umweltverträglich aufgestellt. Mit Solarthermieanlagen werden 14.000 l Heizöl eingespart und die Photovoltaikflächen produzieren 60.000 kWh Strom. Das sind 60% des Eigenbedarfs. Der Rest stammt ebenfalls aus regenerativer Energieerzeugung. Geheizt wird durch ein energieeffizientes (98%) Blockheizkraftwerk mit Propangas, welches vom Verein PrimaKlima durch das Pflanzen von Bäumen für eine neutrale CO2-Bilanz ausgeglichen wird.

Dieses außergewöhnliche Engagement der Familie Lichtmannegger wurde nicht nur mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen für nachhaltiges Hotelmanagement versehen, sondern wird nach eigenen Aussagen auch von den Gästen honoriert und wertgeschätzt. Das Rehlegg zeigt eindrucksvoll, dass auch im gehobenen Segment Nachhaltigkeit und ein Bewusstsein für die Menschen und die Natur vor Ort möglich sind und zu einem wertvollen Verkaufsargument werden können.

Für Gemeinden ist dieses Beispiel interessant, weil es zeigt wie wichtig gerade im Bereich Tourismus eine klare Ausrichtung der Gemeindepolitik und darauf aufbauend eine enge Zusammenarbeit von Kommune und Betrieben vor Ort ist. Zum einen ermöglicht die langfristige an die Alpenkonvention angelehnte Kommunalentwicklung den großen und kleinen privatwirtschaftlichen Akteuren vor Ort Planungssicherheit und ein entsprechendes Umfeld um Nachhaltigkeit in die Betriebsabläufe zu integrieren. Zum anderen trägt ein solches privatwirtschaftliches, neben dem zivilgesellschaftlichen, Engagement eine ökologisch, sozial sowie ökonomisch zukunftsfähige Kommunalpolitik maßgeblich mit.

Tourismus in der Alpenkonvention

Das Themenfeld Tourismus wird Schwerpunktmäßig im entsprechenden Tourismusprotokoll behandelt. Aufgrund der hohen Bedeutung im Alpenraum findet sich dieses Thema allerdings auch an zahlreichen anderen Stellen wieder und verdeutlicht so den Querschnittsbezug dieses Themas.

Im Wissen, dass ein umweltverträglicher Fremdenverkehr langfristig zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Ergebnisse und der Wettbewerbsfähigkeit der Urlaubsorte beiträgt, zielt die Alpenkonvention darauf ab, jene Tourismusformen zu stärken, die zur Festigung des naturnahen Fremdenverkehrs beitragen und fördert Maßnahmen, welche die Innovation und die Diversifizierung eines immer umweltgerechteren Angebots zum Ziel haben.

Grundlegend ist dabei eine geordnete Entwicklung des Tourismus auf kommunaler Ebene (siehe TouP Art. 5), beispielsweise durch Leitbilder. Diese ermöglichen das frühzeitige Einbeziehen der Tourismuswirtschaft und der Bevölkerung vor Ort. Die Grundlagen werden mit dem Aufstellen naturräumlicher Entwicklungsgrenzen (Art. 9) und er Ausweisung von Ruhezonen (Art. 10) eingerichtet. Darauf aufbauend kann dann Qualitätsförderung (Art. 7), Innovationsanreize (Art. 19) und die Zusammenarbeit zwischen Tourismuswirtschaft, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Handwerk (Art. 20) intensiviert werden.

Die Initiative der Bergsteigerdörfer bietet Ihren Mitgliedern auf Grundlage der Alpenkonvention eine Orientierungshilfe für ein solches Leitbild das von den Menschen vor Ort mit Leben gefüllt wird. Selbstverständlich können – mit der Alpenkonvention als Ausgangspunkt – Kommunen nachhaltige Tourismusleitbilder erstellen und umsetzen, auch ohne dieser Initiative anzugehören. Die CIPRA Deutschland und viele weitere internationale Partner stehen dabei gern zur Seite.

Quellen

Alpenkonvention und Bergsteigerdörfer:

Alpenkonvention (http://www.alpconv.org/de/convention/default.aspx)

DAV (2015): Die Gemeinde Ramsau bei Berchtesgaden ist Bergsteigerdorf (http://www.alpenverein.de/chameleon/public/44d3e7e8-4b65-ed73-ca70-285da7df3f53/150916_Siegelverleihung-Bergsteigerdorf-Gemeinde-Ramsau_26287.pdf)

DAV: Was sind Bergsteigerdörfer? (http://www.alpenverein.de/natur-umwelt/alpine-raumordnung/bergsteigerdoerfer/was-sind-bergsteigerdoerfer-klasse-statt-masse-genuss-statt-hektik_aid_16147.html)

Galle, E.; Bachmaier, C. (2013): Alpenkonvention und Best Practices in den Österreichischen Gemeinden. Leitfaden für die Umsetzung der Alpenkonvention. 2. Aufl. Innsbruck: Ständiges Sekretariat der Alpenkonvention. (http://www.alpconv.org/de/publications/alpine/Documents/Comuni_2013_AT.pdf)

Berghotel Rehlegg:

Bayerischer Rundfunk (2016): Natürlich gut! Das Alpenschwein kehrt zurück (http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/schwaben-und-altbayern/alpenschwein-ramsau-100.html)

Berghotel Rehlegg: Nachhaltigkeit (http://www.rehlegg.de/nachhaltiges-hotel.htm)

OeAV: Das Berghotel Rehlegg. Ein Haus das auf Nachhaltigkeit setzt. (http://www.bergsteigerdoerfer.at/8-0-Impressum.html)