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Alpwil wurde in den letzten Jahren zu einem beliebten Wohnort für Leute, die in der nahegelegenden Stadt arbeiten. Das bringt Pendlerverkehr, Raumknappheit und Konflikte mit sich. Der Bürgermeister Stefan Willberger prüft verschiedene Varianten: Was bewirken eine Umfahrung, Verbotsschilder oder andere Massnahmen?
Da die Alpwilerinnen und Alpwiler erst vor kurzem ein neues Schulhaus gebaut haben, bleibt kein Geld übrig für bauliche Massnahmen. Deshalb lässt Bürgermeister Willberger im Zentrum Verbotsschilder aufstellen.
Der Verkehr verteilt sich nun in die anderen Ortsteile, die Anwohner sind erbost.
Zum Glück hat Bürgermeister Willberger erst alles geprüft, bevor er gehandelt hat. Er verwirft diese Variante und prüft weitere.
Die Gemeindebehörden ziehen Fachleute für Planungs- und Beteiligungsprozesse hinzu. Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern einigen sie sich auf den Prozess und die Ziele. Was können sie mit wenig Mitteln sofort umsetzen, was wollen sie mittel- und längerfristig erreichen?
Sie entwickeln verschiedene Varianten, klären Bedürfnisse und offene Fragen, wägen Argumente ab. Ein lebendiges Dorfzentrum ohne Verkehrschaos, das wäre toll!
Eine Zeitlang sieht es so aus, als ob alle einig seien. Doch da erhebt Metzger Klingel Einspruch: Er brauche Parkplätze für seine Kunden. Frau Engel vom Kindergarten nebenan protestiert; sie fürchtet um die Sicherheit der Kinder. Also nochmals verhandeln, entwerfen, verwerfen.
Schliesslich die Lösung: Der Kindergarten zieht ins Schulhaus, das nun, dank gesunden Gemeindefinanzen, gebaut werden kann.
Die gut aufeinander abgestimmten baulichen Eingriffe und die begleitenden Lenkungsmassnahmen machen aus dem verkehrsgeplagten Zentrum einen Ort, wo viele gerne verweilen. Zur Einweihung laden die Alpwilerinnen und Alpwiler ihre Nachbarn ein.
Die Nachbarn staunen nicht schlecht – und möchten es ihnen gleichtun.
Der Bau einer Umfahrung mit einem Tunnel scheint dem Bürgermeister die beste Lösung. Sie beauftragen Baufachleute damit, ein Projekt auszuarbeiten, prüfen die rechtlichen Rahmenbedingunen, ersuchen den Staat um eine Finanzierung und fangen an zu baggern.
Eine Umfahrungsstrasse mit Tunnel von vier Kilometer Länge kostet bis zu 200 Millionen Euro. Damit könnte Alpwil zehn neue Hallenbäder oder Schulhäuser bauen.
Die Bauarbeiten beginnen: Elisabeth Keller beschwert sich beim Bürgermeister: Der Baulärm ist nicht auszuhalten, der Leuchter im Wohnzimmer wackelt, wenn sie unten graben, die Wäsche auf der Wäscheleine ist verschmutzt.
Nach Abschluss der Bauarbeiten rollt kaum mehr Autoverkehr durch das Dorf. Das Zentrum wirkt ausgestorben, die Läden gehen ein, das Geld für das neue Schulhaus fehlt.
Wie ein gutes Leben planen? Werden Sie aktiv in ihrer Gemeinde. Hilfestellungen, Beispiele und weiterführende Informationen finden Sie in unserem Dossier „Raumplanung in den Alpen“.
CIPRA 2016
Internationale Alpenschutzkommission
CIPRA International
www.cipra.org
Illustration: Johannes Gautier