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«Geld ist ein Gemeingut»

01.12.2020 / Delphine Ségalen
Philippe Béthune ist Co-ist Vorsitzender des örtlichen Ausschusses von Embrun/F für die Regionalwährung «La Roue Haut-Alpine». Ein Interview über Geld als Gemeingut und als Bindemittel für Transitions-Initiativen.
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Herr Béthune, was ist eine Regionalwährung?

Regionalwährungen sind durch die französische Gesetzgebung geregelt. Es werden Gutscheine in Umlauf gebracht, die denselben Wert wie die offizielle Währung haben: Ein «Roue» (Rad) ist so viel wert wie ein Euro. Der Trägerverein richtet einen Garantiefonds ein, in den die von den Mitgliedern in Roues umgetauschten Euro fliessen. Eine Ethikbank verwaltet diesen Fonds, mit dem wir lokale Projekte unterstützen.

Was sind die Ziele einer Regionalwährung?

Es sind in erster Linie lokale Ziele wie die Förderung der nachhaltigen Entwicklung und des wirtschaftlichen Wandels, um lokale Wertschöpfung zu generieren. Ausserdem erlangen Bürgerinnen und Bürger die Kontrolle über das Geld zurück. Geld ist ein Gemeingut. Wir erwarten von unseren Mitgliedern, dass sie in die lokale Wirtschaft investieren. Aus globaler Sicht geht es darum, die Machtverschiebung von der Realwirtschaft zu den Kapital- und Finanzmärkten zu bekämpfen und Mittel aus dem traditionellen Bankkreislauf abzuschöpfen.

Wie kann sich eine Gemeinde daran beteiligen?

Als ersten Schritt kann sie uns die Veröffentlichung von Informationen über die Regionalwährung im Gemeindeblatt ermöglichen oder uns Finanzhilfen gewähren. Eine Gemeinde kann auch Mitglied werden. Und sie kann Zahlungen in Regionalwährung akzeptieren und tätigen. Und schliesslich kann eine Gemeinde in Zeiten wirtschaftlicher Krisen lokalen Wirtschaftsakteure unterstützen, indem sie ihnen etwa erlaubt, zwölf Roues für zehn Euro zu kaufen.

Welche Einkäufe bezahlen Sie selbst mit Roues?

Es gibt eine Bio-Genossenschaft, einen Metzger, eine Buchhandlung, Vieh- und Gemüsebauern und andere kleine Erzeuger. Es gibt viele Möglichkeiten, seine Roues vor Ort, aber auch in anderen Départements der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, in denen der Roue im Umlauf ist, auszugeben. Wir kooperieren mit den Trägervereinen des Roue in anderen Départements, weil wir davon überzeugt sind, dass örtliche Nähe einer der wichtigsten Werte einer Regionalwährung ist. Es geht darum, lokal stärker zu sein, um sich nach aussen zu öffnen.

Haben Sie eine Botschaft an potenzielle Mitglieder?

Eine Regionalwährung könnte zum Bindemittel für Transitions-Initiativen (S. 8) werden, die von zahlreichen Vereinen getragen werden. Diese Initiativen hätten mehr Einfluss und würden ihrerseits die Regionalwährung stärken. Das gilt auch für Privatpersonen, die sich für nachhaltige Entwicklung, biologische Landwirtschaft oder Ähnliches interessieren. Die Bevölkerung wird alle zehn Jahre Opfer einer Finanzkrise. Sie muss wissen, dass all das Geld, das Regionalwährungen dem Bankensystem entziehen, nicht in die internationale Finanzspekulation fliesst.

Infobox

Fakten und Zahlen zu «La Roue»

Die Regionalwährung «La Roue Haut-Alpine» wurde 2017 gegründet. Im Durchschnitt sind pro Jahr 23’000 Roues im Umlauf, das entspricht 161’000 Euro. Tauscht eine Privatperson Euros in Roues um, wird das Geld durchschnittlich sieben Mal weitergegeben, bis ein Händler es wieder in Euro zurücktauscht. Rund 500 Mitglieder und 160 Geschäfte nutzen die Regionalwährung. im Department Haute-Alpes. Auch in einigen anderen Departments im Südosten Frankreichs ist «La Roue» nutzbar.