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Staatlich geförderter Wachstumswahn bei Bayerns Seilbahnen und das Beispiel Grünten/Allgäu

11.12.2021 / CIPRA Deutschland
Zum Internationalen Tag der Berge weist CIPRA Deutschland, BUND Naturschutz in Bayern (BN), die Gesellschaft für ökologische Forschung (GöF), der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV), die NaturFreunde/Landesverband Bayern, der Verein zum Schutz der Bergwelt (VzSB) und Mountain Wilderness Deutschland auf die starke Zunahme der Investitionen in Seilbahninfrastruktur und Eventtourismus im bayerischen Alpenraum hin. Die Wachstumslogik der bayerischen Seilbahnunternehmen führt vielerorts zu Kapazitätserweiterungen, die häufig durch die Seilbahnförderrichtlinie des Freistaats ermöglicht werden. Aber es regt sich auch massiver Widerstand. Am Grünten im Allgäu, der exemplarisch für diese Entwicklung steht, gingen über 2.000 Einwendungen gegen die geplanten Erweiterungen ein. Einige davon von Mitgliedsorganisationen von CIPRA Deutschland.

In den letzten Jahren nehmen der Dachverband CIPRA Deutschland und viele der Mitgliedsorganisationen wahr, dass immer mehr Geld in touristische Infrastrukturen am Berg investiert wird. Auch wenn der Sommertourismus und die sogenannte Eventgastronomie am Berg zu-nehmend ins Interesse der Investoren rücken, spielt das Wintergeschäft mit den Skifahren-den nach wie vor eine große Rolle. Seilbahnen müssen anscheinend größer und schneller, sowie die Zahl beschneiter Pistenkilometer ausgeweitet werden. An diesem Trend scheint auch die nun zweite dem Coronavirus zum Opfer fallende Wintersaison nichts zu ändern.

All dies subventioniert der Freistaat Bayern mit der Seilbahnförderrichtlinie. Selbst der Aus-bau der Beschneiung wird dabei finanziell unterstützt. Auch der immense Landschaftsverbrauch der entsprechenden Infrastruktur mit Nebenanlagen ist in der sensiblen Bergwelt völlig deplatziert. Hier werden die größten Fehlanreize gesetzt, entgegen der eigentlich notwendigen Neuorientierung des Wintertourismus. 

Ein nächstes vom Freistaat mit der Seilbahnförderrichtlinie verstärktes Problem sind Kapazitätserweiterungen. Dabei stellen sich die Verbände nicht grundsätzlich gegen Modernisierungen der Seilbahnen in Bayern. Sie streben eine angepasste Konsolidierung bestehender Einrichtungen statt eines weiteren Ausbaus an. Dies schließt auch die vielerorts mit Seilbahnausbauten verbundene Eventgastronomie und Erlebnisinstallationen mit ein. Dennoch scheinen sie oft trotz hoher Förderquoten notwendiges Beiwerk für die Liftausbauten zu sein, um die getätigten Investitionen zu amortisieren.

Naturschutzverbände kritisieren Ausbaupläne für den „Wächter des Allgäus“

Bild Legende:
Dieser Bereich am Fuße des Grünten soll vollständig mit Parkplatz, Parkhaus und Talstation überbaut werden. (Bild: Klaus Lintzmeyer/VzSB)

Auch für den Grünten, den sog. „Wächter des Allgäus“, liegen neue touristische Ausbaupläne auf dem Tisch. Bei diesem Projekt sind viele kritische Punkte beispielhaft zu beobachten, weshalb der BUND Naturschutz in Bayern (BN), die Gesellschaft für ökologische Forschung (GöF), der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV), die NaturFreunde/Landesverband Bayern, der Verein zum Schutz der Bergwelt (VzSB), Mountain Wilderness Deutschland und CIPRA Deutschland die vorliegenden Pläne gemeinsam kritisieren. 

Einer der zentralen Kritikpunkte der Verbände ist zudem die Inanspruchnahme neuer Flächen. Gegen die zu erwartenden Verkehrsströme findet sich nichts in den Plänen. Eine bessere Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sowie eine Förderung von Sharing-Angeboten und Shuttle-Diensten sind aus Sicht der Naturschutzorganisationen eine wünschenswerte Mobilitäts- und Besucherlenkung, die zum Standard für solche Planungen gemacht werden sollten. So könnte auch die erwartete Verkehrsbelastung zu und in umliegenden Orten reduziert werden.

Wie die meisten Skigebiete in den Bayerischen Alpen, liegt jenes am Grünten relativ niedrig. In vielen Gebieten sind lange schneefreie Phasen, in denen meist auch die Temperaturen zu hoch für Beschneiung sind, keine Seltenheit mehr. Der voranschreitende Klimawandel wird diese Phänomene weiter verstärken, sodass eine künstliche Beschneiung am Grünten weder ökologisch noch ökonomisch Sinn ergibt.

Die Verbände fordern Politik und Gesellschaft auf, diese Wachstumspolitik der bayerischen Skigebiete nicht mehr zu unterstützen. Die Grenzen des Wachstums des Tourismus nicht nur am Grünten, sondern in den gesamten bayerischen Alpen sind erreicht. Wir müssen den Wachstumswahn jetzt stoppen, um die faszinierende Landschaft und Natur der Bergwelt für unsere Nachkommen bewahren.

Weitere Informationen zum Grünten finden Sie bei BN, LBV, Mountain Wilderness und VzSB.