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Arbeit suchen und Heimat finden

11.10.2019
Landwirtschaft im Valle Stura/I beleben, soziale Planung in Les Belleville/F testen, Willkommenskultur im Bregenzerwald/A fördern: Mit neuen Ideen und viel Einsatz machen Menschen aus den Alpen vor, wie Integration gelingen kann.
Bild Legende:
Fest der Kulturen: Vereine, Restaurants und Bevölkerung in Rankweil/A feiern die Vielfalt der Sprachen, Bräuche und Religionen.

«Ich habe gelernt, wie man sich um die Bienen kümmert und wie man Tomaten, Kartoffeln und andere Gemüse anbaut.» Seit zwei Jahren lebt der 20-jährige Mohammed Alpha Diallo – genannt Alpha – im italienischen Stura-Tal und lernt bei der Genossenschaft «Germinale Cooperativa Agricola di Comunità», wie man einen Bergbauernhof bewirtschaftet. Sein Weg dorthin war lang: Von Senegal reiste er durch Mali, Algerien und Libyen, von wo er mit einem Boot nach Italien gelangte. Mittlerweile fühlt er sich im Stura-Tal zu Hause.

Wer holt die Ernte ein?

2015 mangelte es vielen landwirtschaftlichen Betriebe im Stura-Tal an Arbeitskräften. Gleichzeitig suchten junge MigrantInnen einen Job, während sie auf die Antwort auf ihren Asylantrag warteten. Der Verein und die spätere Genossenschaft «Germinale Cooperativa Agricola di Comunità» stellten den Dialog zwischen ihnen her. Die Zusammenarbeit war ein Wendepunkt für beide Seiten. Plötzlich gab es das gemeinsame Ziel, neue wirtschaftliche Perspektiven zu schaffen. Die 41-jährige Giulia Janneli, Mitbegründerin des Vereins und Schafzüchterin im Tal, ist überzeugt: «Es ist wichtig, die Öffentlichkeit, die Privatwirtschaft und die BürgerInnen in den Prozess einzubeziehen und jedem eine Rolle zu geben.» Ein grosser Erfolg sei die Anerkennung durch die Regierung gewesen. Nun erhalten die ehemals freiwilligen HelferInnen einen Lohn. Ihre Tätigkeit erhöht zudem ihre Chance auf eine Aufenthaltserlaubnis in Italien.

Im Rahmen des PlurAlps-Projekts unterstützt CIPRA International seit September 2018 die Genossenschaft und die Ausbildung von Alpha. «Ich denke, man sollte sich in dem Ort, wo man zurzeit wohnt, aktiv einbringen.» Aber es gebe auch Herausforderungen. Manche Leute hätten Vorurteile und verständen nicht, dass jede Person anders sei. Seine Ziele aber hat Alpha im Blick: «Meinen Job gut lernen, meinen Chef respektieren und eines Tages selbständiger Unternehmer werden.»

Lebensqualität in Gemeinden

So wie im Stura-Tal entstehen an vielen anderen Orten in den Alpen innovative Modelle, die die Integration von zugewanderten Menschen in lokale Gemeinschaften und in den Arbeitsmarkt erleichtern. Wie kann die Lebensqualität für Bevölkerung und Zuwandernde in einer Gemeinde verbessert werden? Um diese Frage zu beantworten, entwickelt das Gemeindenetzwerk «Allianz in den Alpen» im PlurAlps-Projekt ein Online-Instrument für die Sozialplanung in Kommunen. Mit Hilfe eines Fragenkatalogs können Gemeinden ihre Leistungen bewerten, diskutieren und anschliessend verbessern. Dabei werden zehn Handlungsfelder abgefragt, zum Beispiel zu Partizipation, Wohnen, Bildung, Arbeit, Gesundheit oder Mobilität.

Zwischen Saison und Heimat

Die französischen Gemeinde Les Belleville ist eine von zehn Pilotgemeinden in den Alpen, die das Sozialplanungs-Instrument testen. Les Belleville, ein Zusammenschluss aus 36 kleinen Ortschaften, lebt vom Tourismus. 3ʼ500 EinwohnerInnen treffen auf bis zu 55ʼ000 Gäste. Anziehungspunkt ist der Zugang zum riesigen Skigebiet «Les Trois-Vallees». Skipisten planieren, Getränke ausschenken, Schultern massieren: Ohne die vielen Saisonarbeitenden wäre der Wintertourismus in den Alpen gar nicht möglich. Lange Arbeitszeiten, wechselnde Anstellungen, oft ein fehlendes soziales Netzwerk und eine fremde Sprache erschweren den Alltag und die Integration in die lokalen Gemeinschaften.

Wie geht Les Belleville mit diesem saisonalen Wechsel um? Wie kann die Gemeinde bezahlbaren Wohnraum, medizinische Versorgung und Möglichkeiten zur Weiterbildung bereitstellen? Das Sozialplanungs-Instrument sei ein guter Ausgangspunkt, um diese Fragen zu beantworten, erzählt Julika Jarosch von CIPRA Frankreich, die die Pilotgemeinde betreut. In Workshops haben VertreterInnen der Gemeinde ihre Dienstleistungen bewertet und so einen gemeinsamen Überblick geschaffen. Auf dieser Grundlage erarbeiteten sie Ideen, wie zum Beispiel eine eigene Kommunikations-App für die Dörfer der Gemeinde, eine Willkommensbroschüre und ein Aperitif für Neuankommende oder den Ausbau von Fuss- und Fahrradwege zwischen den Ortschaften.

Die Erfahrung und Vorschläge aus Les Belleville fliessen zusammen mit denen der anderen Pilotregionen wiederum in das Sozialplanungs-Instrument ein. Matthieu Jay, Leiter für soziale Angelegenheiten in Les Belleville, ist überzeugt: «Richtig angewendet und optimiert können sich Gemeinden durch das Sozialplanungs-Instrument inspirieren lassen und weiterentwickeln.»

Willkommen in Vorarlberg

In Vorarlberg hat Einwanderung Tradition: Während der Industrialisierung waren vor allem ausländische ArbeiterInnen in der Textilindustrie gefragt, heute sind es Fachpersonen aus dem Bereich Bau, Technik, und Gastronomie. Arbeitssuchende aus der EU, aber auch Menschen, die aus Kriegsgebieten fliehen mussten, suchen in Vorarlberg eine neue Heimat. Im Rahmen des PlurAlps-Projekts stärken die Regionalentwicklungen von Vorarlberg und Bregenzerwald eine Willkommenskultur in Unternehmen und Gemeinden.

Ziel ist, Neuankommenden den Einstieg in den Arbeitsmarkt und in die lokalen Gemeinschaften zu erleichtern. Zu diesem Zweck organisiert die Regio Bregenzerwald Sprachkurse für Berufstätige und ist Ansprechpartner für alle Fragen rund um Integration und Anstellung für ansässige Firmen. Wo gibt es Arbeit in Handwerksbetrieben, Ärzte oder Beratungsstellen für Asylsuchende?  Zu den Angeboten gehört auch die Online-Plattform www.vorarlberg-finder.at, wo Neuankommende Informationen in verschiedenen Sprachen finden können.

 

Maya Mathias, CIPRA International


Quelle und weitere Informationen: www.cipra.org/szenealpen

abgelegt unter: SzeneAlpen, PlurAlps