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DAS GLÜCKSPUZZLE

17.07.2018
Was ist Glück? Können wir es beeinflussen? Die Forschung nähert sich diesen Fragen aus verschiedenen Richtungen.
Bild Legende:
Glückpuzzle ©Johannes Gautier

PSYCHOLOGIE

Die Psychologie fügt den Charakter zum Glücksbild hinzu: Wer sich auf seine Charakterstärken konzentriert statt auf seine Schwächen, ist glücklicher. Für lange Zeit lag der Fokus der Psychologie auf der Erforschung von psychischen Krankheiten. Mit der positiven Psychologie gibt es heute einen Forschungszweig, der sich Stärken und Potenzialen widmet. Es geht um die Frage, was glückliche Menschen glücklich macht. Ausgehend von philosophischen Überlegungen definierte der Psychologe Martin Seligman 24 verschiedene Charakterstärken. Jeder Mensch besitzt eine eigene Kombination dieser Stärken, die seinen Charakter ausmachen. Um glücklich zu werden, sollen wir uns auf diese Stärken konzentrieren, so der Forscher. Die Charakterstärken Bindungsfähigkeit, Hoffnung, Dankbarkeit, Neugier und Enthusiasmus beeinflussen die Lebenszufriedenheit besonders stark. Wie Studien zeigen, lassen sich Charakterstärken auch trainieren. Damit liegt ein Teil des Glücks in unseren eigenen Händen.

PHILOSOPHIE

«Geh mir aus der Sonne!», antwortete Diogenes, als Alexander der Grosse ihm einen Wunsch erfüllen wollte. Dem asketischen Philosoph war das, was er hatte, genug. Die antike Anekdote verdeutlicht, wie subjektiv die Wahrnehmung von Glück ist. Während für den griechischen Philosophen Aristoteles eine tugendhafte Lebensweise zu Eudaimonie – einem guten Leben – führte, war für Epikur das Erleben von Lust, also Hedonismus, der Schlüssel zum Glück. Heute unterscheidet zum Beispiel der Philosoph Dieter Birnbacher zwischen zwei Arten. Das episodische Glück bezeichnet einen inneren Zustand oder ein Gefühl. Es ist das Glück der Hingabe, wenn wir völlig in eine Sache oder Tätigkeit versinken oder ein akutes Glücksgefühl erleben. Dem gegenüber steht das periodische Glück, das über die Gesamtqualität eines Lebens oder einer Phase urteilt. Die Bewertung erfolgt rückblickend, oft auch durch aktuelle Stimmungen beeinflusst, und ist vor allem subjektiv. Individuelle Massstäbe und Ansprüche sowie Vergleiche mit anderen oder mit der Vergangenheit bestimmen das Glücksurteil.

NEUROLOGIE

Was passiert in unserem Körper, wenn wir uns glücklich fühlen? Die Neurowissenschaften zeigen, dass Glück im Kopf entsteht. Ein körpereigenes Belohnungssystem im Gehirn schüttet Botenstoffe wie Dopamin oder Serotonin aus und sorgt so für positive Gefühle. Die Gene bestim­men, wie schnell und wie viele Botenstoffe der Körper produziert. Wir haben aber auch Einfluss auf unser Glück, zum Beispiel durch positives Denken, Genuss oder Acht­samkeit. Das Glück beeinflusst wiederum unsere körper­liche Gesundheit. Medizinische Studien haben ergeben, dass glückliche Menschen seltener erkranken, länger le­ben und auch schneller wieder gesund werden.

ÖKONOMIE

Für lange Zeit galt in der Ökonomie Geld und Wirtschafts­wachstum als wichtigste Teilstücke des Glücks. Doch die Forschung zeigt, dass mehr Einkommen nicht unbedingt zufriedener macht. Ist ein bestimmtes Einkommensniveau erreicht, macht mehr materieller Wohlstand nicht glück­licher. Laut Ökonom Matthias Binnswanger ist Geld oh­nehin nicht das Ziel der Wirtschaft, sondern die Befrie­digung menschlicher Bedürfnisse. Mit Geld lassen sich gewisse Bedürfnisse erfüllen; es zu verdienen kostet aber Zeit. Manche Menschen haben viel Geld, aber keine Zeit. Andere dagegen sind unzufrieden, weil sie viel Zeit, aber kein Geld haben. Glück sei das optimale Verhältnis zwi­schen Geld und Zeit, so der Volkswirt.

POLITIK

Auch in der Politik gewinnt die Frage nach dem Glück an Bedeutung. Das asiatische Königreich Bhutan nimmt eine Vorreiterrolle ein: 2008 wurde das Bruttonationalglück in die Verfassung aufgenommen. Das Glück basiert dem­nach auf vier Säulen: Bewahren und Fördern der Kultur, Leben im Einklang mit der Natur, gerechte Wirtschafts­entwicklung, gutes Regieren. Bei jedem neuen Gesetz, Programm oder Brauprojekt prüft das Glücksministerium, wie viel gesellschaftliches Glück in den Plänen steckt. Bhutans Glück inspiriert im Kleinen wie im Grossen. Die deutsche Gemeinde Schönberg zum Beispiel entwirft ein an Glück orientiertes Zukunftskonzept für ein besseres Gemeinwohl. Die Vereinten Nationen geben seit 2012 ei­nen Bericht heraus, der Glück als Mass der Politik be­trachtet und die glücklichsten Länder listet. Faktoren wie Fürsorge, Gesundheit, Freiheit, Einkommen oder gute Regierungsführung sind bestimmend für Zufriedenheit, so das Ergebnis. Die Alpenländer gehören zu den glück­lichsten Staaten der Welt. Die Schweiz rangiert sogar nur drei Plätze hinter dem Spitzenreiter von 2017, Norwegen.

Maya Matthias, CIPRA International

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