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Nur konkret wird sie lebendig

07.02.2011 / Andreas Götz
Die Alpenkonvention hat bedeutende Netzwerke hervorgebracht - Die Ziele eines Staatsvertrages wie der Alpenkonvention sind schwer kommunizierbar. Nur durchpraktische Umsetzung kann der «Geist» der Alpenkonvention lebendig werden. Alpenweit tätigeNetzwerke sind ausgezeichnete Botschafter hierfür.
Eine Perle von vielen: Gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern des Gemeindenetzwerks «Allianz in den Alpen» setzt sich Ardez/CH für die Umsetzung einer nachhaltigen Alpenpolitik ein.
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Eine Perle von vielen: Gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern des Gemeindenetzwerks «Allianz in den Alpen» setzt sich Ardez/CH für die Umsetzung einer nachhaltigen Alpenpolitik ein. © rytc / flickr.com
Die Ziele einer Klimakonvention sind leicht zu vermitteln: Die Staaten müssen weniger CO2 in die Atmosphäre pusten, sonst erwärmt sich unser Planet in einer nicht verkraftbaren Weise. Die Ziele der Alpenkonvention sind weniger konkret. Um nachhaltige Entwicklung geht es, um Zusammenarbeit, um Austausch für einen besseren Umgang mit dem sensiblen Lebensraum Alpen.
Aus diesem Grund hat sich die CIPRA schon Mitte der 1990er Jahre um den Aufbau eines Gemeindenetzwerks in den Alpen bemüht. Im Rahmen eines EU-Projektes hat sie Gemeinden gesucht, die sich konkret der Umsetzung der Alpenkonvention widmen wollten. Den Gemeinden war von Anfang an auch der Austausch mit anderen Kommunen im Alpenraum wichtig. An Tagungen wurden Erfahrungen ausgetauscht und Feste gefeiert, Besuche vereinbart. So lernt man voneinander.

Gesunder Wettbewerb und Eigeninitiative
Am 27. September 1997 war es dann so weit: Die Gemeinden, die sich am Pilotprojekt beteiligt hatten, gründeten zum Abschluss der CIPRA-Jahresfachtagung «Alpen – Gemeinden – Nachhaltigkeit» im slowenischen Bovec den Verein Gemeindenetzwerk «Allianz in den Alpen». 27 Mitglieder waren es damals, heute sind fast 300 Gemeinden dabei. Mit ihren vielen Mitgliedern in allen Alpenstaaten und mit grossen Projekten und Programmen ist das Netzwerk ein ausgezeichneter Botschafter für die Alpenkonvention.»
Thierry Billet, Vize-Bürgermeister der 50’000 EinwohnerInnen-Stadt Annecy in den französischen Alpen schätzt am Gemeindenetzwerk, dass er Ideen von anderen Ländern nutzen kann. Gerne bringt er deshalb auch seine eigenen Erfahrungen ein. Der Vizebürgermeister der 68-Seelen-Gemeinde Massello, Antonio Chiadò, sieht dies genauso: «Für uns ist das Gemeindenetzwerk eine grosse Ideenschmiede, die Anreize schafft, aus denen sich ein gesunder Wettbewerb und Eigeninitiative ergeben.
Der Einbezug der Städte in eine Politik der Nachhaltigkeit ist sehr wichtig, leben doch zwei Drittel der Alpenbevölkerung in Städten oder städtischen Verhältnissen. Ende der 1990er Jahre wurde deshalb die Initiative «Alpenstadt des Jahres» gegründet. Jedes Jahr wird eine Stadt mit diesem Titel für ihr besonderes Engagement bei der Umsetzung der Alpenkonvention ausgezeichnet. In der Zwischenzeit ist ein Netz von 14 Städten aus sechs Staaten entstanden, das auf Austausch und gegenseitiges Lernen setzt. Die CIPRA stellt eines von drei Jurymitgliedern zur Vergabe des Titels und wurde vom Verein «Alpenstadt des Jahres» mit der Führung des Vereinssekretariats beauftragt.
Eine der wenigen Alpenkonventions-Umsetzungsinitiativen einer Vertragspartei ist Alparc, das Netzwerk Alpiner Schutzgebiete. Frankreich trieb 1995 die Gründung eines Netzwerks von Schutzgebieten voran, so wie dies im Naturschutzprotokoll der Alpenkonvention vorgesehen ist. Bis heute ist der französische Staat Hauptgeldgeber des Netzwerks, zusammen mit den beiden französischen Alpenregionen Rhône-Alpes und Provence-Alpes-Côtes-d’Azur. Mittlerweile wurde Alparc dem Ständigen Sekretariat der Alpenkonvention als «Task Force Schutzgebiete» angegliedert. Praxisnah und an den Bedürfnissen der Nationalparks, Naturparks, Biosphären-reservate und anderen Schutzgebieten orientiert, organisiert das Netzwerk alpenweiten Wissensaustausch, stellt gemeinsame Projekte auf die Beine und koordiniert gemeinsame Kommunikationsinitiativen.

Wissenschaftler und Wanderer
Auch das Netzwerk der AlpenforscherInnen ISCAR (International Scientific Committee on Research in the Alps) würde es ohne die Alpenkonvention nicht geben. ISCAR ist offizielle Beobachterorganisation bei der Alpenkonvention und leistet wichtige Impulse für die Alpenforschung.
Ein Netzwerk ganz anderer Art ist die Via Alpina, entstanden aus einem EU-Interreg-Projekt heraus mit dem Ziel, sanftenTourismus zu fördern (siehe Panorama Seite 12). Die Via Alpina bietet die Möglichkeit, die Alpen von Monaco bis nach Wien oder Maribor zu durchwandern und dabei authentische Angebote aus den verschiedenen Regionen zu nutzen. TouristInnen, die sich für Natur und Ruhe interessieren, sollen durch das Einbinden regionaler Betriebe aus Landwirtschaft und Tourismus im ländlichen Raum der Alpen Wertschöpfung bringen.
Die Verantwortlichen all dieser Netze – und es gibt noch viele mehr – kennen einander und arbeiten zum Teil sehr eng zusammen. Indem sie versuchen, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit unter einen Hut zu bekommen, tun sie nichts anderes als den Gedanken der Alpenkonvention umzusetzen. Damit sind diese Zusammenschlüsse wohl das Konkreteste und Wertvollste, das der Alpenkonvention entsprungen ist.

aus: Szene Alpen Nr. 95 (www.cipra.org/de/alpmedia/publikationen/4586)
abgelegt unter: Alpenkonvention, Staatsabkommen