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Von der Globalisierung zur Regionalisierung

12.07.2007 / Francesco Pastorelli
In den Alpen gibt es praktisch keine Hütte, kein Restaurant, keinen Laden, in dem man nicht auf industriell hergestellte Snacks oder auf kohlensäurehaltige Dosengetränke von multinationalen Konzernen stösst. Weniger wahrscheinlich ist es, dass man dort Produkte aus der Region findet.
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Bild Legende:
Regionale Qualitätsprodukte sind bei den Reisenden beliebt. © CIPRA Italien
Und das, obwohl die Alpenregion durchaus in der Lage ist, nicht nur Dienstleistungen, sondern auch vor Ort produzierte und verarbeitete Lebensmittel anzubieten, wenn auch ungleichmässig verteilt und mit zahlreichen Schwierigkeiten. Dies zeigen die Ergebnisse des CIPRA-Projekts "Zukunft in den Alpen" zum Thema regionale Wertschöpfung. Während die Werbung also das "Alpen-Appeal" von Industrieprodukten vermarktet, ist es für die durch ihre ökologische Qualität, ihren kulturellen Gehalt und ihre Produktionsmethoden einzigartigen Lebensmittel aus den Alpenregionen schwierig, trotz ihres hohen Erfolgspotentials eine angemessene Marktpräsenz zu erreichen.
Oft sind derartige Schwierigkeiten auch auf organisatorische Mängel, auf nicht amortisierbare Kosten bei kleinen Produktionsmengen sowie auf lange Wege von den Produzenten (Landwirten, Viehhaltungsbetrieben) zu den Konsumenten zurückzuführen, die Verarbeitungsbetriebe, Gross- und Einzelhandel als Zwischenstationen erfordern. Die letztgenannten Glieder der Vertriebskette haben oft keinen Bezug zu den Alpen - dadurch wird die Wertschöpfung an Orte ausserhalb der Alpen verlagert und der Wertschöpfungsanteil von Produktionsbetrieben verringert. Es wird also nicht nur durch die Einfuhr von Konsumgütern auf Wertschöpfung verzichtet, sondern die alpine Wertschöpfungskette wird auch dadurch unterbrochen, dass Rohstoffe (Milch, Schlachtvieh, Obst und Gemüse) aus der Region ausgeführt und als Konsumgüter (Milchprodukte, Fleisch, Konserven) wieder eingeführt werden.

Regionale Vernetzung und Vermarktung
In Fremdenverkehrsgebieten wie den Alpen mit vielen Touristen finden Produkte der Berglandwirtschaft vor Ort Absatzmöglichkeiten, ohne über zu viele Zwischenhändler gehen zu müssen. Die Absatzchancen für ein Produkt sind stark von organisatorischen Aspekten abhängig: Die Erzeugnisse müssen genauen Qualitätskriterien entsprechen und durch vertrauenswürdige Handelsmarken geschützt werden, um sich von Industrieprodukten abzuheben. Das erste Glied der Kette, oft auch das strukturschwächste, ist der Primärsektor. Dieser Sektor benötigt am dringendsten Formen der Zusammenarbeit, um seine Schwächen auszugleichen: Sowohl intern durch Genossenschaften, Konsortien für Produktions- und Vermarktungseinrichtungen wie auch mit anderen Branchen im Einzelhandel, im Hotel- und im Gaststättengewerbe. Ausserdem kann der Direktverkauf gesteigert werden.
Oft bevorzugen die Fremdenverkehrs- und Einzelhandelsbetriebe selbst aus Kostengründen Importprodukte und vergessen dabei zwei wesentliche Aspekte: Die hohe Akzeptanz von Qualitätsprodukten mit garantiertem Ursprung bei den Verbrauchern, die immer besser informiert sind und bewusster einkaufen, und die Tatsache, dass die Einnahmen aus dem Tourismus auf diese Weise in der Region verbleiben. Nicht zu vergessen der Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft, der nur durch einen lohnenden Absatz der Agrarprodukte gewährleistet werden kann.

Verteilung über die Zeit
Ähnliche wie bei den Agrarprodukten verhält es sich auch mit Holzbiomasse aus der Region, mit der man anstelle von importierten Erdölprodukten grosse Teile des internen Energiebedarfs decken könnte. Nicht nur der Primärsektor kann die Synergieeffekte mit dem Tourismus nutzen, auch Dienstleistungen, Handwerksbetriebe, Fachpersonal können lokal angeboten werden, was sich positiv auf die regionale Arbeitsmarktsituation und Wertschöpfung auswirkt. Damit die Arbeitsplätze stabil und von der Qualität her attraktiv für Alpenbewohner sind, ist es jedoch wichtig, dass die Fremdenverkehrssaison besser über das Jahr verteilt wird und sich nicht auf wenige Wochen im Jahr konzentriert.

Francesco Pastorelli, CIPRA Italien