CIPRA Vertretungen:

Benutzerspezifische Werkzeuge

  Suchfilter  

News

Standpunkt: Die Alpen sind keine endlose Energiequelle!

20.04.2023 / Isabella Helmschrott, CIPRA Schweiz
Solar-, Wind- und Wasserkraft helfen uns, von fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Gas unabhängiger zu werden. Das klappt auch, ohne die letzten Biodiversitäts-Hotspots der Alpen zu opfern, meint Isabella Helmschrott, Geschäftsführerin der CIPRA Schweiz.
Portraitfoto von Isabella Helmschrott, Geschäftsführerin CIPRA Schweiz.
Bild Legende:
Isabella Helmschrott, Geschäftsführerin CIPRA Schweiz (c) Cristian Castelnuovo

Ich blicke optimistisch in die Zukunft – alpine und nicht-alpine Skidestinationen setzen auf nachhaltige Alternativen für einen ausgeglichenen Ganzjahrestourismus, bestehende Infrastruktur wird mit Photovoltaikanlagen ausgestattet, in den Bergdörfern werden veraltete Ölheizungen mit Wärmepumpen ersetzt und alpine Landschaften sind weiterhin ein Refugium für rare und gefährdete Biodiversitätsjuwelen. Doch vor allem letztere sind nun vermehrt in Gefahr: Die Klimakrise und steigende Energiekosten können wir nur durch eine rasche und effektive Energiewende abwenden. Jedoch sollen nun verbleibende Naturschätze im Alpenraum dem Ausbau von Anlagen zur Produktion von erneuerbarer Energie weichen. Ist das wirklich nötig? Der Alpenraum und seine Ressourcen sind nicht endlos – dies müssen wir auch bei der Energiewende beachten!

Es ist wissenschaftlich eindeutig belegt: Wir brauchen eine Energiewende weg von fossiler hin zu erneuerbarer Energieproduktion, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Im Alpenraum und darüber hinaus ist nun endlich der Groschen gefallen, dass wir den Ausbau erneuerbarer Energie aus Solar-, Wind- oder Wasserkraft vorantreiben müssen. Von quasi allen politischen Seiten ist der Wille vorhanden, erneuerbare Energien zu fördern, um der Klimakrise Einhalt zu gebieten. Man kann es aber wohl nicht oft genug sagen: Wir müssen sowohl die Klima- als auch die Biodiversitätskrise abwenden. Genau dies darf auch bei der Energiewende nicht vergessen werden. Neue Stauseen fluten unberührte Gletschervorfelder und alpine Biodiversitätsflächen sollen grossen Solarparks weichen. Kaum jemand befürwortet die Zerstörung wertvoller Natur- und Kulturflächen. Zudem verpflichten uns internationale Abkommen, der Naturvielfalt Sorge zu tragen und sie zu schützen. Ob die Ende 2022 von der EU erlassene Notverordnung zur Genehmigung von Erneuerbaren, der im Schweizer Parlament diskutierte Mantelerlass zum Energiegesetz oder weitere alpine Deregulierungsvorhaben aus juristischer Sicht im Widerspruch zur Alpenkonvention stehen, wird derzeit aufgrund eines Antrags der CIPRA geklärt.

Es gibt biodiversitätsfreundliche Lösungen zum Ausbau erneuerbarer Energie: Der Alpenraum birgt grosses Potenzial an bereits versiegelten und bebauten Flächen in Skigebieten oder Industrieanlagen. So könnte Energie dort produziert werden, wo sie auch verbraucht wird. Wie wäre es, wenn wir darüber hinaus die vorhandene Energie effizienter nutzen, und unser Konsumverhalten überdenken? Mein optimistisches Zukunftsbild enthält auch eine Gesellschaft, die Zeitwohlstand höher bewertet als materiellen Wohlstand, auf wirklich nachhaltige Energieproduktion setzt und der Natur den Stellenwert einräumt, den sie verdient.

 

Quellen und weiterführende Informationen:

www.wsl.ch/de/newsseiten/2022/12/schweizer-bevoelkerung-will-keine-energieanlagen-in-unberuehrten-alpenlandschaften.html (de), www.cbd.int/doc/decisions/cop-15/cop-15-dec-04-en.pdf; www.alpconv.org/de/startseite/konvention/rahmenkonvention/ (de)