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Standpunkt: Bauplan für eine resiliente Gesellschaft

27.05.2020 / alpMedia
Die Coronakrise hat unser Leben in Einzelteile zerlegt: Beziehungen, Arbeitsmodelle Freizeit- und Konsumverhalten liegen als lose Bausteine vor uns. Noch ist unklar, wie wir sie wieder zusammenbauen. Wir haben jetzt die Chance, einen neuen, zukunftstauglichen Bauplan zu erstellen, meint Barbara Wülser, Co-Geschäftsführerin bei CIPRA International.
Bild Legende:
Barbara Wülser, Co-Geschäftsleiterin CIPRA International (c) Darko Todorovic

Messungen belegen: Der Energieverbrauch und der CO2-Ausstoss gehen dank der Massnahmen zur Eindämmung von Sars-CoV-2 zurück. Es gibt weniger Lärm und weniger seismische Vibrationen, dafür Vogelgezwitscher und bessere Luft. Doch machen wir uns nichts vor: Das ist nicht die ökologische Wende! Wir durchleben gerade einen der wärmsten Monate seit Messbeginn und es steht ein dritter trockener Sommer in Folge vor der Tür. Damit unser post-coronales Leben und Wirtschaften gelingt, müssen wir im Zukunfts-Bauplan ökologische Aspekte ebenso stark gewichten wie ökonomische. Der Baukasten darf erweitert, schädliche Elemente müssen entfernt werden.

Es droht die Gefahr, dass Regierungen im Namen des Wiederaufbaus Milliarden in den Erhalt eines Systems buttern, das viele zu Verlierern und wenige zu Gewinnern macht – Milliarden, die für die Bekämpfung des Klimawandels versprochen wurden und dort fehlen werden. Was wir brauchen, ist eine gerechte Lastenverteilung zum Abfedern der negativen Effekte der Globalisierung, durch die diese Krisen mitverursacht wurden; die Coronakrise wie auch die Klimakrise. Die Schaffung einer globalen Governance für globale Probleme, sowohl im Gesundheits- als auch im Umweltbereich, kann nicht aufgeschoben werden.

Entscheidend ist, wie die zu erwartenden Konjunkturpakete ausgerichtet werden und welche Branchen mit welchen Kriterien gefördert werden. Das Ziel aller Massnahmen muss sein, eine resiliente Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung aufzubauen, deren Produktion und Konsum sich an den tatsächlich verfügbaren Ressourcen orientiert.

In vielen Alpenregionen gibt es bereits taugliche Lösungsansätze dafür. Vergleichsweise kurze, regionale Wertschöpfungsketten stärken die lokale Kreislaufwirtschaft und damit die Unabhängigkeit von äusseren Einflüssen. Lokale Gemeinschaften fördern das Miteinander und die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden. Freiräume und Mangel an Konsummöglichkeiten befruchten Eigenverantwortung und soziale Innovationen, sei es, indem Geräte repariert statt neu gekauft werden, sei es bei der Kinderbetreuung oder Altenpflege, sei es bei der Bewirtschaftung des letzten verbliebenen Gasthauses im Tal oder beim gemeinsam organisierten Einkauf von Lebensmitteln.

Auch technisch stehen vielerlei Innovationen parat. Sie bräuchten oft nur einen Startimpuls, wie Anschubfinanzierung oder Bedarf durch geänderte Rahmenbedingungen – wie jetzt. Es geht darum, gemeinsam positive Visionen zu entwickeln und deren Umsetzung vehement zu fordern. Dafür braucht es Vernetzung, Zusammenarbeit und Austausch von Wissen und Erfahrungen von lokal bis international.

In der Coronakrise taten sich die Nationalstaaten als Krisenmanager hervor. Diese Krise lässt sich mittels Abschottung, Medikamenten, Impfungen etc. irgendwann bewältigen. Die Krise hat auch gezeigt, wie schnell wir uns anpassen können. Nutzen wir diese Lernerfahrung! Der Bauplan für die Post-Coronazeit muss die Abwendung der Klimakrise enthalten. Denn der Klimawandel lässt sich nicht rückgängig machen.

 

Quellen und weitere Informationen:

www.republik.ch/2020/04/10/wir-sollten-in-europa-nicht-warten-bis-wir-amerikanische-verhaeltnisse-haben, www.republik.ch/2020/04/13/verschnaufpause-fuer-die-naturwww.infosperber.ch/Artikel/Gesundheit/Covid-19-Krise-Ursache-Gesundheit-Kumulation, www.ndr.de/fernsezen/Mit-Anja-Reschke-und-Claudia-Kmfert,sendung1032078.html, atmo-france.org/wp-content/uploads/2020/03/200327_interaction_QA_covid19.pdf (fr)