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Windenergie und Wasserkraft: eine glückliche Verbindung?

01.07.2005 / CIPRA Internationale Alpenschutzkommission
Im Jahr 2004 lag die installierte Windenergieleistung in Europa bei 34,2 GW. Bis 2040 könnte sie im schlechtesten Fall 65 GW und im besten Fall 115 GW erreichen. Diese Bandenergie muss gespeichert werden, um sie dann zur Verfügung zu stellen, wenn die Nachfrage am höchsten ist.
Die europäischen Windkraftwerke haben 2004 73'000 GWh produziert. Nach Aussagen des Europäischen Stromverbundes UCTE (Union for the Co-ordination of Transmission of Electricity; siehe auch Artikel auf Seite 8) wurden in den Alpenstaaten 35'816 GWh durch Pumpspeicherkraftwerke produziert. Das Prinzip besteht darin, das in einem talseitigen Becken gespeicherte Wasser in ein höher gelegenes Becken zu pumpen, wenn die Nachfrage am geringsten, die Energie also billiger ist, und es den Turbinen zuzuführen, wenn die Nachfrage, und somit auch die Preise, am höchsten sind. Je nach Anlage gehen 20 bis 25% der Energie in diesem Prozess verloren. Das bedeutet, dass mehr als 42'000 GWh mobilisiert werden mussten, damit diese Anlagen 35'816 GWh produzieren.

Die unvermeidbare Erhöhung der Leistung in den Alpen
Der UCTE meldet, dass im Jahr 2004 797,4 TWh durch Kernkraftwerke produziert wurden, davon 712,3 TWh für die Alpenländer. Das entspricht praktisch der zehnfachen Produktion der europäischen Windkraftanlagen.
Im gleichen Zeitraum haben Kohle- und Erdgaswärmekraftwerke 1334,3 TWh produziert. Atomenergie, Wärmeenergie und Windenergie sind Bandenergieformen. Um die Nachfrage zu Spitzenzeiten zu befriedigen, muss man sie also in der Nacht, am Wochenende und an Feiertagen in Pumpspeicheranlagen speichern.
2004 war Italien mit einer Leistung von 894 GWh für den Monat Dezember bei den Pumpspeicherkraftwerken an erster Stelle, gefolgt von Deutschland mit 798 GWh, Frankreich mit 616 GWh, Österreich mit 281 GWh und der Schweiz mit 168 GWh. In Slowenien befindet sich die erste Anlage gerade im Bau.
Es ist sicherlich übertrieben, die Ausbreitung von Pumpspeicherkraftwerk-Projekten in den Alpen ausschliesslich der Entwicklung der Windenergie zuzuschreiben. Tatsächlich werden diese Anlagen vor allem dazu verwendet, Atom- und Wärmeenergie zu speichern und Spitzenstrom zu deutlich höheren Preisen zu verkaufen. Man darf jedoch die Entwicklung der Windenergie in Europa nicht unterschätzen. Sie verzeichnet seit 1998 durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von 20%.

Finanzielle und ökologische Folgen
Die Umwandlung von Speicherkraftwerken in Pumpspeicher-Anlagen erfordert hohe Investitionen. Solche Projekte schaffen auch Umweltprobleme. Mit Schwall- und Sunkphänomenen - Schwankungen des Wasserstandes, ausgelöst durch die Energiegewinnung - ist angesichts der Erhöhung der Geschwindigkeit der verschiedenen Produktionsvarianten zu rechnen. Eine Pumpspeicher-Anlage in einem bestehenden Kraftwerk verstärkt ohne jeden Zweifel diese Phänomene. Aus Umweltgründen müssen derartige Schwankungen des Wasserstandes verlangsamt werden. Bei der Rentabilitätsberechnung neuer Anlagen muss dies berücksichtigt werden. Um sie auszugleichen, sind unter Umständen zusätzliche Investitionen für Regulierungsbecken nötig.

Wirtschaftliche Effizienz gegen Energie-Ineffizienz
Wenn man auf dem Spotmarkt an der europäischen Energiebörse (European Energy Exchange EEX) die Preise beobachtet, kann man sich ein wenig besser vorstellen, welche Aspekte die Entwicklung von Pumpspeicher-Anlagen fördern, obwohl 20 bis 25% der Energie bei diesem Verfahren verloren gehen. Der Preis für eine MWh lag an der EEX zum Beispiel am 2. Mai 2005 um vier Uhr morgens knapp über 25 Euro, während er um zwölf Uhr 65 Euro betrug. An der gleichen Börse lag der Preis für eine MWh am Höhepunkt der Hitzewelle 2003, am 7. August, zwischen vier und fünf Uhr bei 18,80 Euro und zwischen elf und zwölf Uhr bei 300 Euro.

Pumpspeicherkraftwerke und Grüner Strom
Naturmade, ein von der europäischen Organisation EUGENE zertifiziertes Label für Grüne Energie, unterscheidet den Strom aus Pumpspeicher-Anlagen je nachdem, ob die notwendige Energie für die Pumpen aus erneuerbaren Quellen kommt oder nicht. Nur die Nettostromproduktion (das heisst, nach Abzug des Pumpverlustes) wird als Strom aus erneuerbaren Energiequellen zertifiziert. Wenn Atomenergie für die Pumpen verwendet wird, bekommt die Energie dieses Label nicht, wobei die Zurückverfolgbarkeit des eingekauften Stroms nicht immer gewährleistet ist.

1 TWh = 1000 GWh
1 GWh = 1000 MWh
1 MWh = 1000 KWh
1 KWh = 1000 Wh