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Allianz für «Lyon-Turin» bröckelt

25.05.2016 / alpMedia
Nächste Woche wird der Gotthard-Basis-Tunnel eröffnet. Das Generationenprojekt erhöht die Dringlichkeit einer alpenweit abgestimmten Verkehrspolitik. Aus Frankreich kommen deutliche Signale.
Bild Legende:
Basistunnels für Eisenbahnen fressen Löcher in den Berg und in den Geldbeutel. © Daniel Friedlos / flickr.com

Als nicht mehr zeitgemäss bezeichnet Éric Piolle, Bürgermeister der französischen Stadt Grenoble, das Vorhaben, für 26 Milliarden Euro die neue Bahnverbindung «Lyon-Turin» zwischen Frankreich und Italien zu bauen. Grenoble hat eben seine Finanzierungszusage zurückgezogen, als erste von 13 Körperschaften in Frankreich. Rund eine Milliarde Euro sollten diese zur ersten Etappe beisteuern, der französische Staat und die Staatsbahnen weitere 1,2 Milliarden, Italien 2,9 Milliarden. Von der EU erhofft man sich einen Finanzierungsanteil von 40 Prozent.

«Das Projekt wurde vor 25 Jahren auf Grund von Hypothesen eines immensen Gütertransports geplant», argumentiert der Vertreter der grünen Partei. Doch seit 20 Jahren seien die Bahntransporte rückläufig. Die Erwartungen betreffend die Passagierzahlen sind laut Piolle ebenfalls auf einen Fünftel geschrumpft. «Dieses Projekt bringt heutzutage keine Verbesserung mehr für den Bahnverkehr.» Man solle besser in bestehende Linien investieren.

Auch anderswo werden Grundsatzfragen gestellt. Eine Studie im Auftrag des Europäischen Parlaments stellt 2014 die Notwendigkeit von «Lyon-Turin» in Frage. Berücksichtigt wurden unter anderem die Auswirkungen des Gotthard-Basis-Tunnels, der als Teil der Neuen Alpentransversale (Neat) am 1. Juni 2016 eröffnet wird. Damit sich die Neat rentiert, ist sie auf ausreichend ausgebaute Zulaufstrecken angewiesen. In Italien hapert es damit. CIPRA Italien plädierte vergangene Woche an einer Medienkonferenz für die Notwendigkeit einer «Verkehrswende» in Italien. Bislang werden dort 90 Prozent der Güter auf der Strasse transportiert. «Momentan deutet alles darauf hin, dass unser Land es versäumt hat, das Angebot der Schweiz anzunehmen und die Entwicklung des Projekts zu begleiten», bemängelte der Geschäftsführer Francesco Pastorelli.

Am Brenner, dem am meist-frequentierten Alpenpass, schreiten die Arbeiten am geplanten Eisenbahntunnel voran. Die Kritiker, darunter CIPRA Südtirol, fordern eine «Bestweg-Strategie» statt einer «Billigweg-Strategie»: Würde der Gütertransitverkehr den kürzesten statt den günstigsten Weg über die Alpen nehmen, so hätte der Brenner etwa ein Drittel so viele Transit-Lastwagen – und der Gotthard-Basistunnel, bei entsprechender Verlagerungspolitik, genügend Frequenzen, um rentabel betrieben zu werden.

Quellen und weitere Informationen: www.lesechos.fr/industrie-services/tourisme-transport/021852231462-grenoble-ne-veut-plus-financer-la-lgv-lyon-turin-1214910.php (fr), www.cipra.org/de/news/kritik-in-bruessel-zur-alpinen-verkehrspolitik, www.infosperber.ch/Artikel/Umwelt/Neat-mit-begrenztem-Verkehrsnutzen, www.infosperber.ch/Artikel/Umwelt/Neat-Guterverkehr, http://de.euronews.com/2015/02/24/hochgeschwindigkeitsverbindung-lyon-turin-baubeginn-2016/, www.stol.it/Artikel/Chronik-im-Ueberblick/Lokal/Letztes-Baulos-am-Brenner-Basistunnel-finanziert