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"Da machen wir weiter"

13.07.2012 / CIPRA Internationale Alpenschutzkommission
Es sind fast alle da. Der Festsaal von Idrija ist rappelvoll, es geigt und posaunt das eigens einberufene Jugendsinfonieorchester. Theater wird gespielt, das Fernsehen ist auch gekommen. Ein Raunen geht durch die 1'000 Zuschauer, sie stehen auf, klatschen in die Hände. Ein stämmiger Mann im dunklen Anzug steht auf der Bühne. Wasserkreisen gleich umspielen Falten den lachenden Mund, weiten sich bis zu den weissen Schläfen aus. Bojan Sever, Bürgermeister der slowenischen Kleinstadt im Alpenvorland, hält die Urkunde der "Alpenstadt des Jahres 2011" hoch. Fotoapparate blitzen, noch mehr wird geklatscht. Das war vor etwas mehr als einem Jahr.
"Da machen wir weiter"
Bild Legende:
Ökologisch unterwegs: Der Bürgermeister Bojan Sever möchte Idrija zu einem Ort des guten Lebens machen. © Madeleine Rohrer / CIPRA International
Inzwischen ist die Stadt, die bei 6'000 Einwohnern gerade einmal 80 Arbeitslose zählt, eine von fünf Pilotregionen im EU-Projekt Alpstar, das die Alpen zur CO2-neutralen Region machen will. Idrija habe ausreichend Biomasse, um sich mit grüner Energie selbst zu versorgen, ist Bojan Sever überzeugt. An der notwendigen Infrastruktur wird gebaut.
Klimaneutralität ist ein Schwerpunkt des Vereins "Alpenstadt des Jahres". Für Idrija hatte der Titel Signalwirkung - gegen innen wie gegen aussen. Lange gehegte Vorhaben wurden angepackt, neue geplant. "Als ich das erste Mal von diesem Netzwerk hörte, wusste ich, dass dieser Titel gut für Idrija ist", erzählt der 56-Jährige. Mit seinen Mitarbeitern fuhr der Pferdezüchter und vormals technische Manager eines heimischen Weltmarktführers für Elektrotechnik nach Bozen, dann nach Bad Aussee, beides Alpenstädte. "Dort merkten wir: Auch Idrija braucht eine Strategie für eine nachhaltige Zukunft."
Idrijas geografische und geopolitische Abgeschiedenheit prägt die Bewohner. Ihre Existenz hing während 500 Jahren vom Bergbau ab. Bis Ende der 1980er Jahre war hier die zweitgrösste Quecksilbermine der Welt. Die Mine soll bald, geht es nach dem Willen des Bürgermeisters, Unesco-Weltkulturerbe sein. Manche sagen ihm nach, er sei stur, andere gewieft. Wie auch immer: Idrija hat neben Alpstar weitere sieben EU-Projekte am Laufen - und 2011 von Brüssel eine Auszeichnung für nachhaltigen Tourismus bekommen. Dass er keine andere Alpenstadt für eines seiner EU-Projekte gewinnen konnte, trübt Bojan Severs Freude ein wenig. "Sie sind ein bisschen zaghaft." Dabei müsse man es einfach versuchen. "Früher hatten wir einen Öko-Tag, jetzt als "Alpenstadt des Jahres" gleich eine ganze ökologische Woche." In zehn Jahren werde seine Stadt ein Ort des guten Lebens sein, von wo aus internationale Konzerne geleitet werden. Den Aufschwung aber habe Idrija allein seinen Bewohnern zu verdanken, so Bojan Sever. "Das Alpenstadt-Jahr hat gezeigt, dass jeder hier etwas tun will und kann für ein besseres Leben. Da machen wir weiter."

Madeleine Rohrer (Text und Bilder)

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Klimaschutz in Alpenstädten
Städte im Alpenraum, die die Interessen von Wirtschaft, Umwelt und Sozialem gleichberechtigt und vorbildlich in ihrer Gemeinde umsetzen, ganz im Sinne der Alpenkonvention, werden seit 1997 von einer internationalen Jury zur "Alpenstadt des Jahres" gekürt. Die ausgezeichneten Städte arbeiten in einem Verein zusammen, der unter anderem als Partner im Alpine Space Projekt ALPSTAR die Alpen bis 2050 klimaneutral machen will. Die CIPRA ist seit der Gründung in der Jury vertreten und betreut seit 2003 die Geschäftsstelle des Vereins.
www.alpenstaedte.org