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Umweltmediationsverfahren zur Sanierung der Schutzwälder oberhalb der Ortschaft Hinterstein

Nach gescheiterten Versuchen, den Objektschutzwald oberhalb der Ortschaft Hinterstein zu sanieren, wurde im Rahmen eines "Mediationsverfahrens" ein bislang einzigartiger Weg begangen, alle betroffenen Gruppierungen an der Entscheidungsfindung zu partizipieren. In Sitzungen unter Leitung einer Mediatorin setzten sich Vertreter von Bevölkerung, Jägern, Grundbesitzern und Behörden an einen runden Tisch und erarbeiteten einen verbindlichen "Vertrag zum Lösungspaket des Mediationsverfahrens Schutzwald Hinterstein".

Themen: Neue Formen der Entscheidungsfindung, Soziale Handlungsfähigkeit, Politiken und Instrumente
Region: Schwaben / DE
Laufzeit: 2002-09-01 - 2003-11-12
Kontakt: Andreas Fisel

Projektträger
Das Amt für Landwirtschaft und Forsten Kempten, Abteilung Schutzwald, ist zuständig für das Schutzwaldmanagement in den Landkreisen Oberallgäu und Ostallgäu. Etwa die Hälfte der Bergwälder dieser Region sind als Schutzwald kartiert. Schwerpunktaufgaben sind vor allem die Sanierung von Schutzwäldern, die ihre Schutzfunktion nicht mehr erfüllen können, sowie ihre vorbeugende Pflege, um den "Sanierungsfall" zu vermeiden.

Beteiligte
Sämtliche mit der Schutzwaldproblematik tangierten Gruppierungen. Dies sind insbesondere Vertreter/innen der Hintersteiner Bevölkerung, der politischen Gemeinde Bad Hindelang, der Jägerschaft, der Waldbesitzer, der Behörden (Forstverwaltung, Wasserwirtschaftsverwaltung, Jagdbehörde, Naturschutzbehörde) sowie Deutscher Alpenverein. Die Mediation wurde eingebettet in ein Projekt der Technischen Universität München, Lehrstuhl für Forstpoitik (Herr Prof. Michael Suda, Frau Gaby Müller).

Ziele
Die Ortschaft Hinterstein liegt in einem engen Kerbtal des Wildflusses Ostrach. Ohne Wald an den bis zu 40 Grad steilen Hängen wäre die Ortschaft durch Lawinen und Steinschlag bedroht. Der Wald hat jedoch seine Schutzfunktion auf großer Fläche verloren: Er ist verlichtet, zudem sind zahlreiche Bäume dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. 1954 verschüttete eine Lawine die Ortstraße und führte zu erheblichen Gebäudeschäden. Seit über 20 Jahren versucht die Forstverwaltung, diese Schutzwälder mit hohem Kostenaufwand zu sanieren - nach wie vor ist jedoch auf einem großen Teil der Fläche die Waldentwicklung unbefriedigend. Vor allem wachsen viel zu wenig junge Bäume nach: Zu viele Gemsen und Hirsche verhindern eine ausreichende Waldverjüngung. Ziel des Projektes ist es, dieses insbesondere jagdliche Problem zu lösen, das über die reine Jagd hinaus in hohem Maße die Interessen vieler gesellschaftlicher Gruppierungen innerhalb der Gemeinde tangiert.

Aktivitäten
Die Teilnehmer der Mediation trafen sich zu insgesamt 12 Sitzungen in "großer Runde" mit jeweils etwa 20 Teilnehmern; in den Zeiträumen zwischen diesen Mediationsforen fanden außerdem Gespräche zwischen einzelnen Gruppierungen statt. Die Problematik wurde auch in mehreren Geländebegängen diskutiert. Das Ergebnis der Mediation stellte die Gruppe in einer Bürgerversammlung am 9. März 2004 der Gemeinde vor; begleitend dazu wurde eine mehrwöchige Ausstellung konzipiert. Diese Veranstaltung stieß aufgrund des Pilotcharakters auf reges Interesse auch der überregionalen Medien. Im September 2004 und jüngst im Juli 2005 fanden weitere Treffen der Mediationsgruppe statt, um den Stand der Umsetzung zu überprüfen. Zur Überprüfung des Hauptzieles "Reduktion der Verbissbelastung" wurde ein Monitoring durch ein neu entwickeltes Stichprobenverfahren angewendet, das die aktuelle Situation des Wildverbisses für alle Beteiligten sehr transparent und leicht nachprüfbar widerspiegelt.

Ergebnisse
Die Teilnehmer haben sich verbindlich zu folgender Zielsetzung verpflichtet: "Die Schutzfunktion des Bergwaldes wird gesichert unter Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Beteiligten". Jede einzelne Gruppierung muss die erforderlichen Maßnahmen im eigenen Zuständigkeitsbereich nun konsequent umsetzen. Auszug der Maßnahmen: Die Gruppe "Jagd" hat sich dazu verpflichtet, die gemeinsam definierte "Zone 1" ( Wälder mit sehr hoher Schutzbedeutung) durch intensivste Jagd frei von Gemswild und Rotwild zu halten. Die Gruppe "Schutzwaldsanierung" pflanzt verbissempfindliche, aber für die Schutzwirkung sehr wichtige Baumarten (z.B Weißtanne) lediglich in der "Zone 1". Die Gruppe "Tourismus" leitet Skitourengeher durch eine Beschilderung um Wildeinstandsgebiete herum. Die Gruppe "Zipfelsalpe" informiert alle Teilnehmer über geplante Schwendarbeiten. Alle Gruppierungen verpflichten sich zu einer intensiven Information der Öffentlichkeit (Bürgerversammlung, Organisation eines Waldtages, Informationstafeln, ...).

Hinweis

Die Inhalte auf dieser Seite wurden im Rahmen des Projekts „Zukunft in den Alpen“ im Jahr 2005 eingegeben und seitdem nicht aktualisiert.